Schlauer Dieb, dummer Dieb

JUSTIZ Gericht verurteilt 28-Jährigen, der das Adlon ausgetrickst hat

„So ein Fall ist einmalig, den gab es so noch nicht“

HOTELTECHNIKER DES ADLON

Der Diebstahl entbehrte nicht eines gewissen Charmes, das bescheinigte dem Angeklagten am Ende sogar der Staatsanwalt. Doch Francesco M. muss dafür für zehn Monate in Haft, urteilte das Amtsgericht Tiergarten am Dienstagnachmittag. Dafür kann er sich rühmen, das Nobelhotel Adlon am Brandenburger Tor ziemlich blamiert zu haben. „So ein Fall ist einmalig, den gab es so noch nicht“, sagte der als Zeuge geladene Hoteltechniker. Unfreiwillig hatte er an dem genialen Coup mitgewirkt.

Der 28-jährige M. hatte sich an einem späten Maiabend in den Innenhof des Adlon begeben und war über ein halb geöffnetes Fenster ins Zimmer 207 eingestiegen. Dann rief er den Zimmerservice. Er sprach englisch und gab vor, er habe den Code seines Tresors vergessen. „Es kommt öfter vor, dass jemand sich vertippt oder den Code vergisst“, sagte der Hoteltechniker vor Gericht. „Wir gehen nur im Beisein des Gastes an den Safe.“ Einen Ausweis lasse man sich indes nicht zeigen.

Während der Techniker den Tresor öffnete, habe der barfüßige Gast so getan, als würde er telefonieren. „Wie sich manche benehmen“, will der Angestellte noch gedacht haben. Dann war der Tresor offen: Darin befanden sich ein Laptop, ein iPod, zwei Pässe und 350 Dollar. Für die Hilfe bedankte sich M. mit Kleingeld – ein Umstand, den sich der Techniker merkte: Dankbare Adlon-Gäste würden zumeist einen Schein überreichen.

Vor Gericht lässt der Angeklagte über seinen Verteidiger vortragen, er habe sich am Adlon rächen wollen, weil ihn das Hotel wegen einer dort verbrachten, aber nicht bezahlten Nacht angezeigt hatte. Dabei hätte doch ein Freund von ihm, ein Zahnarzt, das Zimmer gebucht und ihn eingeladen! Selbst das Gericht kann M. wegen des Vorwurfs, er habe die Mitarbeiter mit der ungültigen Kreditkarte des Arztes getäuscht, nicht verurteilen: Der als Zeuge geladene Arzt schwänzte die Verhandlungstermine.

Doch nach jener Anzeige hatte Francesco M. beschlossen, dem Hotel „Unannehmlichkeiten zu bereiten“. Das sah so aus: Nachdem der Hoteltechniker, der den Safe geöffnet hatte, gegangen war, verwüstete M. das Zimmer. Dann nahm er den Laptop aus dem Tresor und stellte ihn aufgeklappt auf einen Tisch. Daneben drapierte er zwei gefüllte Champagnergläser und die beiden Pässe mit einem Zettel, auf den er „Fuck you!“ geschrieben hatte. Mit dem Geld und dem iPod verließ er das Hotel.

Er wäre wohl kaum gefasst worden, hätte ihn nicht ein Hotelangestellter vier Stunden später in der dem Adlon angeschlossenen „Shochu“-Bar erblickt. Dort wurde der wegen eines Banküberfalls Vorbestrafte verhaftet – natürlich so diskret wie möglich. UTA EISENHARDT