Gutes Essen ohne Normierung

VIELFALT Starköchin und taz-Autorin Sarah Wiener redet nicht um den heißen Brei herum. Die EU bewirkt in kulinarischer Hinsicht Gleichmacherei

„Ich hätte nichts gegen eine Revolution, wenn ich mir so zuhöre“, entfuhr es Sarah Wiener am Ende ihres Eingangsstatements auf dem Podium „Fröhliche Grenzgänger – Reisen verbindet – unbedingt!“ Die (TV-)Köchin, zuletzt für Arte auf kulinarischer Europareise, war rasch in Rage. Die Landwirtschaftspolitik der EU führe zur Gleichmacherei. Ob französische Knoblauchbauern, die keine Nachfolger mehr finden, lofotische Fischer, die gegen die Konkurrenz der Großfangflotten nicht bestehen können, oder Rohmilchkäsesorten aus den Alpen, die europäischem Regelungswahn zum Opfer fallen – die geschmackvolle Vielfalt und Eigenarten Europas drohen verloren zu gehen.

Dabei geht es Wiener keineswegs nur um ihr kulinarisches Privatvergnügen, sondern um die politischen Auswirkungen. „Die Vielfalt der Samen schlägt auf die Vielfalt unserer Gedanken zurück“, ist sich die kritische Köchin sicher. Wiener sagt auch, was das im Umkehrschluss für sie heißt: „Wenn nur noch genormte Hähnchen verkauft worden, muss man sich über Brustimplantate und normiertes Aussehen nicht wundern.“ All das sagt sie mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen, doch sie meint es ernst. Kritisches Denken gehe durch den Magen.

Ihre Alternative? Ein europäischer Menüvorschlag, natürlich vegetarisch und saisonal. Vorspeise: Voralberger Riebelmaissuppe mit Kürbiskernöl. Hauptspeise: Wildkräutersalat von Feld und Wiese mit Sauerampfer, wilder Raupe und Pipinelle, dazu pochiertes Ei vom Araucaner-Hühnchen sowie Vollkornbrot mit rumänischer Sauerrahmbutter. Dessert: Rhabarberkompott mit wildem griechischem Honig. EPE