USA machen den Diesel sauberer

Seit gestern tanken Dieselfahrer in den Vereinigten Staaten schwefelarmen Treibstoff. Zugleich bringt Mercedes dort den saubersten Diesel-Pkw der Welt auf den Markt. Europa wird auf ihn noch warten müssen – denn hier ist der Kraftstoff zu dreckig

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Es ist eine Revolution im Tank: Seit gestern fließt durch die Zapfhähne der rund 76.000 US-Tankstellen neuer, sauberer Diesel. In den Vereinigten Staaten darf der Treibstoff ab sofort nur noch drei Prozent des Schwefels enthalten, der bis dato im US-Diesel steckte. Der neue Diesel soll zwischen 3 und 5 US-Cents mehr kosten als der alte.

Bislang sind Diesel-Fahrzeuge in den USA wenig beliebt – sie gelten als lahm und laut. Das Image könnte sich jetzt ändern. Die Ingenieure entwickeln neue Motoren. Mit der besseren Technik sollen auch anspruchsvolle Abgasgrenzwerte geknackt werden.

Ab dem 1. Januar 2007 sind Hersteller verpflichtet, für Busse und Lastwagen Motoren auf den Markt zu bringen, die 95 Prozent weniger Rußpartikel ausstoßen als die heutigen Motoren.

Vertreter der Administration von US-Präsident George Bush feiern die Schritte, als seien sie ihr Verdienst. Dabei wurden die Grundlagen für die neuen Vorschriften schon in den 90er-Jahren gelegt. Und Bush-Vorgänger Bill Clinton hat sie bereits in Kraft gesetzt. Bush hatte das Regelwerk jedoch – wie zahlreiche andere Umweltgesetze – vorübergehend auf Eis gelegt und erst 2004 wieder aktiviert.

Der neue Treibstoff hat, dank technischer Verbesserungen in den Raffinerien, nur noch einen Schwefelgehalt von 15 ppm (parts per million, also Teile pro eine Million Teile). Bislang waren 500 ppm üblich.

Noch gibt es in den USA zwar kaum Diesel-Pkw. Aber es fahren rund sieben Millionen LKW und Busse des Landes mit Diesel. Experten rechnen mit einer Regelung, nach der die Stinker ihre alten Motoren bis 2015 austauschen müssen. Sie können zwar den neuen Kraftstoff auch jetzt schon problemlos tanken. Ihre Rußpartikel-Emissionen senken sich wegen der alten Technik aber nicht um 95 Prozent, sondern nur um 10 Prozent.

Unterdessen signalisieren in den USA produzierende Autokonzerne, dass sie künftig mehr Diesel-PKW anbieten werden. Volkswagen war bis vor kurzem nahezu der einzige Autobauer, der in den USA Mittelklasse-Dieselautos führte. DaimlerChryslers Mercedes-Benz-Abteilung kündigte in diesem September an, ab 2008 Diesel-Geländewagen verkaufen zu wollen. Im US-Bundesstaat Kalifornien gelingt dem Stuttgarter Konzern ab dieser Woche etwas, was er in Deutschland strikt verweigert: Er bietet den saubersten Diesel der Welt an. Hierzulande erklärt der Konzern gerne, dass anspruchsvollere Abgaswerte nicht zu erreichen seien.

Doch Kalifornien ist der größte Automarkt der USA. Und es regiert Gouverneur Arnold Schwarzenegger, der die strengsten Umweltgesetze der USA verabschiedet hat. So bringt Mercedes dort den Bluetec-Diesel und die Mercedes E-Klasse 320 Bluetec für 51.550 Dollar auf den Markt. Schon bald sollen sie in 45 US-Bundesstaaten angeboten werden. Die Ingenieure setzen im Auspuff Ammoniak zu. Damit werden in einem speziellen Katalysator 80 Prozent der schädlichen Stickoxide in harmlosen Stickstoff und Wasserdampf verwandelt.

In Europa wird Bluetec noch nicht so schnell auf den Markt kommen. Der Kraftstoff ist in Deutschland zwar schon sauber genug, doch in Frankreich beispielsweise ist der Schwefelgehalt zu hoch. Das schadet dem Abgasreiniger. Die Autokonzerne haben in Europa gegen strenge Regeln für sauberen Diesel erfolgreich Lobby gemacht.