Neue Mannschaft mit altbekannten Gesichtern

NRW Kaum gewählt, erntet CDU-Chef Norbert Röttgen Widerspruch gegen sein neues Personal

BOCHUM taz | Zumindest formell kann Norbert Röttgen erneut einen Erfolg verbuchen: Der Bundesumweltminister hatte erst am Sonntag eine Mitgliederbefragung der Parteibasis in NRW gewonnen und soll am kommenden Samstag auf einem Landesparteitag zum Chef des größten CDU-Landesverbands gewählt werden.

Kaum war diese Entscheidung gefallen, steht fest, dass Röttgen auch auf Bundesebene aufsteigt: Der Rheinländer soll in die zweite Reihe der CDU aufrücken und einer der Stellvertreter von Angela Merkel im Vorsitz der Bundespartei werden. Der Landesvorstand der nordrhein-westfälischen CDU nominierte Röttgen als Nachfolger des ehemaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, der beim Bundesparteitag der CDU Mitte November in Karlsruhe nicht mehr antritt.

Doch der neue Erfolg kann nicht verdecken, dass Röttgen, kaum als neuer Chef der CDU in NRW bestimmt, der Wind schon ins Gesicht bläst. Die Personalentscheidungen des neuen Vorsitzenden sorgen im Vorfeld des Landesparteitags für Streit: Röttgens designierter Generalsekretär Oliver Wittke ist genauso umstritten wie seine Wunschkandidatin für das Amt der Schatzmeisterin, Christa Thoben.

Röttgen sei selbst nicht glücklich mit Wittke, stehe bei dem Chef des Parteibezirks Ruhrgebiet aber „im Wort“, ist aus der CDU zu hören. Im Kampf um den Vorsitz der Landespartei hatte sich der Gelsenkirchener als einziger Bezirksvorsitzender hinter Röttgen gestellt. Das Establishment der Landespartei bevorzugte dagegen Rüttgers einstigen Integrationsminister Armin Laschet als sogenannte Düsseldorfer Lösung.

Um seiner Politikerkarriere neues Leben einzuhauchen, band sich Wittke an Röttgen. Seinen Job als Verkehrsminister hatte Wittke wegen Raserei im Straßenverkehr 2009 verloren, 2010 wurde er nicht wieder in den Landtag gewählt.

Aus dem Ruhrgebiet, das traditionell als SPD-Hochburg gilt und deshalb nur zwei Landtagsabgeordnete stellt, stammt auch Thoben. Rheinländer wie der Düsseldorfer CDU-Chef und Europaabgeordnete Klaus-Heiner Lehne fürchten deshalb eine Dominanz des Reviers. So kündigte Lehne prompt eine Kampfkandidatur gegen die aus Bochum-Wattenscheid stammende ehemalige Wirtschaftsministerin an. Dabei gilt das Amt der Schatzmeisterin als „Vertrauensposten“, über dessen Besetzung der Vorsitzende entscheiden sollte.

Um die Partei nicht noch weiter zu spalten, bemüht sich Röttgen jetzt offensiv um Gesten der Versöhnung. Seinem Gegner Laschet bietet er das Amt des Landesvizes an. Zusätzliche Stellvertreter sollen mit Fraktionschef Karl-Josef Laumann und Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg weitere Exminister werden. Auf „Gutes von gestern“ setze Röttgen offenbar, wird in Düsseldorf gelästert. Auch die politische Konkurrenz nutzt die Steilvorlage: Röttgens Team stehe für die „gescheiterte und abgewählte Regierung Rüttgers“, sagt etwa SPD-Landesgeneralsekretär Groschek: „Ein Aufbruch sieht anders aus.“ ANDREAS WYPUTTA