LESERINNENBRIEFE
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Schwer schmerzen die Wunden

■ betr.: „Draußen knallen Schüsse“, taz vom 5. 4. 14

Liebe Marie-Claude, es war und ist beeindruckend, Deine Schilderung zu Ruanda zu lesen. Vieles können wir nachvollziehen, weil auch unsere Familie ruandische Ursprünge hat. Auch unsere Familie hat 26 Angehörige unter Umständen verloren, die wir lieber nicht erfahren hätten. Meine Frau entzieht sich bis heute der Erinnerung, um den Abstand zu dem Geschehen nicht wieder zu verkleinern. Es sind leider nicht nur die Toten, die wir verloren haben, schwer schmerzen auch die Wunden unserer wenigen „rescapés“ (Überlebenden), denen wir kaum helfen können, weil sie niemanden mehr an sich heranlassen wollen oder können.

NORBERT und EPIPHANIE HÜBNER, Köln

Passend zum Frühlingswetter

■ betr.: „Wie Ursula von der Leyen auf ihrem Shetlandpony durch Brüssel ritt“, „Dann schrien die Kinder ‚Nazi‘“, taz vom 12. 4. 14

Wofür hat Frau von der Leyen euch so tiefe Einblicke gewährt? Ich wäre ihr für diese Gunst genauso dankbar gewesen, so macht man eine echte Wochenendzeitung, passend zum tollen Frühlingswetter, zumindest bei uns hat’s schon tolle 21 Grad am späten Vormittag und ich hätte es auf keinen Fall ertragen, wenn ihr diese Zwei-Knopf-offen-Idylle auf unserer Terrasse gestört hättet:

– durch Nachfragen, ob sie erklären kann, warum die Spanier nicht auch von den Niederländern lernen können, wie man zum Beispiel mit 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit umgehen sollte;

– durch Nachfragen, warum sie das Sozialsystem der USA zwar nicht am eigenen Leib erfahren wollte, das derzeitige griechische aber ihr keine Angst macht;

– durch Nachfragen, ob sie sich vorstellen könne, dass Kindheit so glücklich wie die ihre auch sein könnte bei einem Einkommen von eins Komma fünf mal 8,50 Euro/Stunde mal 168 Stunden pro vierköpfiger Familie in Deutschland;

– durch Nachfragen, wie sie denn ihren Kindern die Eurokrise so beruhigend erklären konnte; ich würde das auch gern lernen, um es unseren CDUSPDGRÜNENLINKENFDP-Kandidaten zu erklären, und natürlich auch meinen Kindern;

– durch Nachfragen, warum nach der DDR-Übernahme Deutschland nicht gelernt hat, dass Europa ein soziales, solidarisches sein muss, und warum aus dem „Wir sind das Volk“ dann „Wir sind ein Volk“ und schließlich ein „Was sind wir für ein Volk“ geworden ist;

– durch Nachfragen, ob nicht die Ansichten der taz-Mitarbeiterin Ulrike Winkelmann zum Umgang der EU mit der Ukraine eigentlich eine gewaltige Brain-Craft hätte in Bewegung setzen müssen;– durch Nachfragen, ob das nicht doch eine tolle Idee war, die Mauer in Berlin an die Grenzen Europas zu verlegen.

Thanks to Think-Tank in Berlin für diesen schönen Samstagvormittag auf unserer Sonnenterrasse! HANS RAAB, Neustadt/Pfalz

Kollektive Missachtung

■ betr.: „Lehrerland ist ausgebrannt“, taz vom 10. 4. 14

Der Autorin ist eine knappe, aber präzise Beschreibung des aktuellen „Lehrerseins“ gelungen, aus meiner Sicht ist jedoch noch ein wesentlicher Aspekt anzumerken: Das Image des Lehrerberufes hat inzwischen einen Tiefpunkt erreicht, man kann von einer kollektiven Missachtung dessen sprechen, was viele (nicht alle!) Lehrer heute leisten. Dabei ist die Lehrerschelte aus der Politik nur die Spitze des Eisberges. Auch in der medialen Öffentlichkeit haben Lehrer einen schweren Stand. Die Folge: Der Lehrernachwuchs fehlt, gerade für Männer scheint der Lehrerberuf zunehmend unattraktiv zu sein.

Trotzdem sollte die von der Autorin aufgeworfene Frage „Warum willst du Lehrer werden?“ eine zentrale Rolle für eine Zulassung zum Pädagogikstudium spielen. Das Kunst-, Musik- und Schauspielstudium ist ohne eine Eignungsprüfung undenkbar, gerade der Lehrerberuf verlangt eine umfassende Eignung (zentral: das Interesse an und die Arbeit mit Kindern), darüber hinaus auch die Befähigung des Lehrers als Musiker, Künstler und Schauspieler.

KARSTEN WOLF, Jüterborg

Armer reicher Fußball

■ betr.: „Polizei macht Armensiedlung in Rio platt“, taz vom 14. 4. 14

Richtig müsste die Überschrift heißen: „Fußball macht Armensiedlung in Rio platt“ und nicht „Polizei“. Denn die Polizei handelt im Auftrag der Fußball-WM-Vorbereitung. Leider wird der Fußball seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung in keiner Weise gerecht. Profit geht eben vor. Armer reicher Fußball! ARTUR BORST, Tübingen

Mich graust bei diesen Worten

■ betr.: „Der Streit über assistierten Suizid geht weiter. Vertrauenswürdige Ansprechpartner“, taz vom 10. 4. 14

Die Aussagen von Dr. Urban Wiesing zur Sterbehilfe sind unerträglich. Hier spricht kein Medizinethiker, sondern ein Mediziner mit Allmachtsfantasien. Offenbar glaubt Herr Dr. Wiesing, sein Berufsstand nehme eine geistig-moralische Sonderstellung in unserer Gesellschaft ein. Nur so ist es zu erklären, dass der ehemalige Funktionär der Bundesärztekammer meint: Die Ärzteschaft sei präjudiziert, über Leben und Tod zu entscheiden – nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen. Mich graust bei diesen Worten. ALEXANDER EBERT,

Deutsche Stiftung Patientenschutz, Berlin