leserinnenbriefe
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He will come back

■ betr.: „Obama, der entzauberte Weltenretter“, taz vom 2. 11. 10

„Zu seiner Verteidigung ist nur zu sagen, dass er in einer Zeit extremer politischer und ökonomischer Unsicherheit regiert. Das ist nicht die Zeit, neue Gewissheiten auszurufen.“

Ganz im Gegenteil, genau das ist die Funktion von leadership in solchen Zeiten, nämlich klare Vorgaben zu machen, den Menschen die Kriterien zu benennen, an denen sich soziale Verantwortung, finanzielle Kompetenz, internationale Kooperation etc. messen lassen müssen. Die Krise gewährte Obama diese einmalige, existenzielle Chance. Dafür boten sich die Demokraten an. Gerade in einer Zeit großer Verwirrung in den Köpfen kommt es vor der Umsetzung auf eine deutliche Linie an. Wer keine Überzeugungen und Gewissheiten hat, hat kein Recht, sich auf den Thron zu setzen. Obama/Clinton hatten bisher in der Finanzkrise, im Nahen Osten und in der Klimafrage wenig zu bieten, die Gesundheitsreform ist jedoch ein großer Erfolg. He will come back, I’m sure – and thrive under pressure.

A. C. ASSHEUER, Berlin

Globale Führungsrolle für USA?

■ betr.: „Obama, der entzauberte Weltenretter“, taz vom 2. 11. 10

Was soll die Forderung nach einer „globalen Führungsrolle“ der USA? Wer soll warum geführt werden und wohin? Soll die Welt den USA folgen in ihrer hemmungslosen Ausbeutung der Ressourcen dieses Globus und seiner Bewohner? Sollen Menschenrechte nichts mehr gelten, die Welt mit Kriegen überzogen werden für den Machterhalt und die Privilegien der eigenen Reichen? Soll Rassismus, Frömmelei und Chauvinismus Weltreligion werden?

Die hoffnungslos und gigantisch verschuldeten USA als Vorbild für weltweiten Wohlstand? Ein Land, dessen bigotte, strunzdumme und militaristischen Eliten nichts vor ihrem kleingeistigen Auge haben als den eigenen Nutzen auf Kosten des Rests der Welt, taugt mitnichten zum Führer in eine menschlichere Zukunft.

HEINER ZOK, Schiffdorf

Romantischer leben mit Internet

■ betr.: „Ansichten sind Ansichtssache“, taz vom 3. 11. 10

Technologie ist immer nur so gut wie ihr Benutzer. Sicher kannst du dir mit Google den Urlaub durch Überplanung kaputtmachen, wenn du nur willst. Das konnte man aber schon 1835 mit dem guten alten Baedecker.

Es geht auch anders herum: ich war letztes Jahr in Lissabon, ohne irgendetwas über diese Stadt zu wissen, ich habe mich überraschen lassen und diese Stadt auf eigene Faust kennen und lieben gelernt. Jetzt, wo es hier im Norden dunkel, kalt und grau ist, starte ich Streetview und streife virtuell durch diese wunderschöne Stadt, entdecke sie neu, schwelge in Erinnerungen und genieße das Fernweh. So macht das Internet das Leben romantischer – wenn man nur will. TIM ARETZ, Aachen

Als Vorbild nicht tauglich

■ betr.: „Die christlich-jüdische Kultur grüßt die Kopftuchträgerin“ taz vom 2. 11. 10

Micha Brumlik beschreibt die biblischen Wurzeln der christlich-jüdischen Geschichte und stellt sie dem Grundgesetz gegenüber. War noch was zwischen Bibel und Grundgesetz? Wann hat sich die deutsche christlich-jüdische Leitkultur entwickelt? Ich nehme an, vor dem Holocaust. Denn danach, gab es wohl keine deutschen Juden mehr, die zur Entwicklung dieser Kultur hätten beitragen können. Also muss sie irgendwo vorher geblüht haben – und hat das Naziregime nicht an der Ausrottung der Juden in ganz Europa gehindert.

Angesichts dieser christlich-jüdischen Geschichte kann ich unseren Kopfbedeckung tragenden NachbarInnen nicht empfehlen, sie als Vorbild zu betrachten. MARIANA MUNK, Hamburg