Parolen statt Taten

Wirtschaft und Politik loben Ausbildungspakt – trotz 50.000 junger Jobloser. Viele Migranten ohne Lehrstelle

BERLIN taz ■ Trotz der akuten Lehrstellenmisere wollen Wirtschaft und Politik am Ausbildungspakt festhalten. Das sagten Vertreter von Bundesregierung und Wirtschaftsverbänden gestern in Berlin. Sowohl Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) als auch Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) lobten die Anstrengungen von Industrie und Handel, obwohl derzeit 50.000 Lehrstellen fehlen – so viele wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.

Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA, sagte, bis Ende des Jahres könne „ein Großteil der Jugendlichen“ mit einer Ausbildungsstelle oder einer Maßnahme versorgt werden, die für eine Ausbildung qualifiziert. Laut Ludwig-Georg Braun von der Deutschen Industrie- und Handelskammer gibt es noch 15.000 Lehrstellen und dazu 17.000 Plätze in außerbetrieblichen Ausbildungen. Außerdem seien noch 40.000 Praktika im Programm „Einstiegsqualifikation für Jugendliche“ frei.

Braun gab allerdings zu, dass etwa 1,5 Prozent der Ausbildungswilligen keine Lehrstelle erhalten würden. „Diesen Bodensatz werden wir nicht erreichen“, sagte Braun. Als Gründe führte er an, dass Ausbildungswunsch und -angebot oft nicht zueinander passten und die Bildung mancher Schüler zu schlecht sei. Die Beteiligten des Ausbildungspaktes haben zudem die Migrantenkinder als Problemgruppe entdeckt: 41 Prozent haben keinen beruflichen Bildungsabschluss. Ihr Anteil an allen Azubis halbierte sich in den letzten elf Jahren auf 4,4 Prozent. Die Paktpartner forderten unter anderem eine bessere Sprachförderung für Migranten. Opposition und Gewerkschaften kritisieren den Ausbildungspakt. So fordern die Grünen ein Sofortprogramm für 50.000 Lehrstellen, das aus den Überschüssen der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden soll. DAS