Profis unter sich

Ein Hamburger Rechtsanwalt fühlt sich durch ein Verfahren ungerecht behandelt, das er im Grunde gewonnen hat. Nachdem er das Landgericht als „deutsche Volksgerichtsbarkeit“ bezeichnet hat, wurde er gestern selbst verurteilt

Rechtsanwalt Bernhard B. ist kein großer Diplomat, auch nicht in eigener Sache. Entspannt lehnt er sich auf der hölzernen Anklagebank zurück, legt den Arm leger über die Rücklehne und referiert, was er unter „deutscher Volksgerichtsbarkeit“ versteht. Damit meint er nicht die Unrechtsjustiz im Nationalsozialismus. Der 57-Jährige beschreibt, was seinem Mandanten vor dem Hamburger Landgericht widerfuhr. Das hat er schon mehrfach in Befangenheitsanträgen getan. Dass er darin einem Richter am Landgericht unterstellte, „deutsche Volksgenossen“ vor „fremdvölkischen“ Mandanten zu schützen, hat ihm ein Beleidigungsverfahren eingehandelt. Das Amtsgericht verurteilte den Anwalt gestern zu einer Geldstrafe von insgesamt 9.000 Euro.

B. sah sich und seinen Mandanten ausgerechnet durch ein Verfahren ungerecht behandelt, das er im Grunde gewonnen hat. Sein Mandant, ein gebürtiger Pole, wurde in eine Schlägerei verwickelt, aus der er schwere Verletzungen davontrug: Kieferbruch, neun Tage Krankenhaus. Der Täter aber wurde in erster Instanz freigesprochen, weil nicht auszuschließen war, dass er in Notwehr zugeschlagen hatte. B. ging für seinen Mandanten in die Berufung. Dieses Verfahren stellte der Richter am Landgericht gegen die Auflage ein, dass der Angeklagte an den Mandanten von B. 1.000 Euro Entschädigung zu zahlen habe. Insoweit hatte der immerhin Erfolg. B. aber sah seine Rechte dadurch verletzt, dass es nicht zum Prozess kam und ihm somit das „rechtliche Gehör“ verweigert worden sei. Er setzte sich hin und schrieb den ersten Brief.

Das Landgericht, formulierte er dort, habe „Geheimabsprachen zwecks Abwendung der Bestrafung eines deutschen Volksgenossen getroffen“. So ging es immer weiter, in jedem Schreiben erneut, bis die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage gegen den Verteidiger erhob.

Der 57-Jährige nimmt selbst kein Blatt vor den Mund, als seine Verurteilung verkündet ist. Gerade erst musste er sich sagen lassen, dass er unbelehrbar sei, da höhnt er, dass auch dieses Gericht „alles bestätigt, was bisher geäußert worden ist“. Der Richter versucht es erst mit Argumenten und hält ihm vor, der Vergleich mit dem NS-Unrechtssystem sei eine „unerträgliche Verharmlosung“. Als ihm selbst dabei von dem angeklagten Anwalt das Wort abgeschnitten wird, blafft auch er nur noch zurück: „Seien Sie endlich still.“ ELKE SPANNER