Mehr Plätze mit weniger Qualität

KINDER 10.000 neue Kita-Plätze seien im vorigen Jahr entstanden, sagt die Bildungssenatorin. Gewerkschaft und Eltern beklagen sinkende Qualität der Betreuung, weil Erzieher fehlen

Durch den massiven Ausbau der Kita-Plätze in Berlin sinkt die Qualität der Betreuung weiter ab, kritisieren Gewerkschaft und Elternvertreter. „Da es nicht genug gelernte ErzieherInnen gibt, setzt der Senat zunehmend auf Quereinsteiger“, erklärt Christiane Weißhoff von der GEW. Diese würden jedoch, obwohl in der Ausbildung, voll auf den Betreuungsschlüssel angerechnet. Norman Heise vom Landeselternausschuss (LEAK) sagt: „Das Debakel um den Fachkräftemangel in den Kitas wird immer größer. Bildungsarbeit findet vielerorts gar nicht mehr statt.“

Am Dienstag hatte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) verkündet, 2013 seien rund 10.000 neue Kita-Plätze in Berlin entstanden, knapp die Hälfte davon mit finanzieller Hilfe des Landesprogramms „Auf die Plätze, Kitas, los“. Der Bedarf an Plätzen steigt seit Jahren. Zum einen aufgrund des Bevölkerungswachstums. Zum anderen besuchen immer mehr Kinder eine Kita, auch wegen des Rechtsanspruchs auf einen Platz, der seit vorigen August schon für Einjährige gilt. „So ist der Anteil der Ein- und Zweijährigen in Kindertagesbetreuung im Laufe des vorigen Jahres um drei Prozentpunkte auf fast 69 Prozent gestiegen“, erklärte Scheeres.

Insgesamt wurden 2013 laut Bildungsverwaltung rund 144.000 Kita-Plätze angeboten, davon waren 137.000 belegt. Für die Betreuung dieser 137.000 Kinder gab es laut GEW zum Stichtag 1. März 2013 genau 19.900 sogenannte Vollzeit-Äquivalente, also ErzieherInnen mit voller Stelle, die sich auf 23.568 Personen verteilten. Davon seien „mindestens 2.900“ ohne staatlich anerkannte Erzieherausbildung, weil sie entweder in berufsbegleitender Ausbildung seien oder Quereinsteiger aus ähnlichen Berufen wie Heilerziehungspfleger, erklärt Weißhoff.

Steigende Arbeitsbelastung

Dass die Auszubildenden bei der Berechnung der Betreuungsquote als vollwertige Erzieher angerechnet werden, ist für die GEW ein Problem. „Die brauchen natürlich viel Anleitung und Hilfestellung“, so Weißhoff. Damit aber steige die Arbeitsbelastung der Erzieher, und die Zeit für die Betreuung der Kinder werde noch knapper.

Ohnehin, ergänzt Heise vom LEAK, sei der Berliner Betreuungsschlüssel im bundesweiten Vergleich „extrem schlecht“. Bei den Unter-Dreijährigen kommt in Berlin theoretisch einE ErzieherIn auf fünf Kinder, bundesweit auf vier. Wissenschaftler fordern ein Verhältnis von 1:3. Heise sagt: „Wenn dann mal jemand ausfällt wegen Krankheit, Urlaub oder Fortbildung, wird es ganz eng.“ SUSANNE MEMARNIA