Waschmaschinen leben länger

Die Schließung des BSH-Werks in Spandau ist abgewendet. Nach drei Wochen Streik garantiert der Konzern die Waschmaschinenproduktion bis 2010 – aber nur mit einem Teil der Belegschaft

von Nina Apin

Die zum Jahresende drohende Schließung des Bosch Siemens Haushaltsgerätewerks ist abgewendet. Statt der befürchteten 620 Entlassungen werden nur 220 MitarbeiterInnen ihren Job verlieren, wer bleibt, bekommt eine Arbeitsplatzgarantie bis 2010.

Ursprünglich wollte der Konzern sein Spandauer Waschmaschinenwerk zum Jahresende schließen. Aus Protest dagegen war die Belegschaft am 25. September in den Ausstand getreten. Zusätzlich zum lokalen Streik organisierte die IG Metall einen „Marsch der Solidarität“ der Streikenden zu Haushaltsgerätefabriken in ganz Deutschland.

Gestern verkündeten Vertreter des Bosch-Siemens-Konzerns und örtlicher Gewerkschaftsverbände gemeinsam die Einigung, die sie nach wochenlangen Verhandlungen erzielt hatten. Bis drei Uhr nachts habe man um Einzelheiten gerungen, berichtete Andreas Fleischer vom Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg, der als Mittler zwischen IG Metall und BSH fungierte. Mit dem Kompromiss könnten alle Konfliktparteien leben, sagte Fischer.

BSH-Geschäftsführer Robert Kugler sagte, sein Unternehmen habe mit der Aufrechterhaltung der angeblich unrentablen Produktion erhebliche Zugeständnisse gemacht. Nach Darstellung der IG Metall hatte das Werk zuletzt sogar Gewinne erwirtschaftet. Nun lobte Kugler die Kompromissbereitschaft der Gewerkschaft, die „bis an die Grenzen des Vertretbaren“ gegangen sei.

Die nun getroffene Vereinbarung sieht vor, dass die wöchentliche Arbeitszeit der verbleibenden Belegschaft erhöht wird. Außerdem werden Zusatzzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld gestrichen. Das spart 8,5 Millionen jährlich. Das Unternehmen trägt andererseits 14,1 Millionen Euro der jährlichen „Fortführungskosten“ von 22,6 Millionen Euro.

Von den Streikenden sei die Einigung gestern Morgen „sehr kontrovers aufgenommen“ worden, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Olivier Höbel. Für die Ende der Woche stattfindenden Urabstimmungen rechne er aber mit einer Zustimmung von Streikenden und Gewerkschaftsfunktionären zu dem erarbeiteten Kompromiss.

Der dreiwöchige harte Arbeitskampf habe sich nun ausgezahlt, sagte Höbel. Zum ersten Mal sei es in Berlin gelungen, eine Firma zur Rücknahme eines Stilllegungs- und Schließungsprozesses zu zwingen. „Wir haben gekämpft, und wir haben es geschafft“, sagte BSH-Betriebsratsvorsitzender Güngör Demirci der taz, Von einem Sieg wollte er dennoch nicht sprechen: „Unser Ziel war es, alle Arbeitsplätze zu erhalten. Jetzt müssen doch 100 zum Arbeitsamt und 120 in Frühpension, das tut weh.“

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) gratulierte den Kontrahenten zu ihrer Einigung, die er als „Sieg der Vernunft bezeichnete“.

Künftig soll Spandau im Fertigungsverbund mit den BSH-Billigstandorten in Polen, der Türkei und Spanien das Waschmaschinenmodell „Eurowasher“ produzieren. Jetzt müsse die Belegschaft beweisen, dass sie international konkurrenzfähig ist, betonte BSH-Geschäftsführer Kugler. Bisher sei eine im Ausland produzierte Waschmaschine ca. 60 Euro billiger gewesen, durch längere und effizientere Arbeit müsse man dieses Defizit an der Gartenfeldstraße ausgleichen. „Vor einem Wettbewerb der Standorte brauchen wir uns nicht zu fürchten“, entgegnete Höbel.

Viel Zeit, sich zu bewähren, haben die Spandauer nicht. Und ob es ihnen für die Zukunft helfen wird, ist mehr als fraglich. Dass die Produktion nach dem 31. Juli 2010 weitergehen wird, schloss BSH-Chef Kugler schon gestern in relativ deutlichen Worten aus.