Nato verstärkt Osteinsatz

EUROPA Europäische Union hofft auf eine Lösung der Krise beim Genfer Ukraine-Gipfel

BRÜSSEL taz | Diplomatie bei der EU, Drohgebärden von der Nato: Aus Brüssel kamen gestern sehr unterschiedliche Reaktionen auf die jüngste Eskalation in der Ukraine. Einig waren sich die Europäer nur in einem: Sie hoffen auf eine diplomatische Lösung der Krise bei den für Donnerstag geplanten Vierer-Gesprächen mit den USA, Russland und der Ukraine in Genf. Wie diese Lösung aussehen soll, wusste jedoch niemand zu sagen.

Erstaunlich ist das nicht, schließlich war wohl keiner auf die neue Zuspitzung vorbereitet. Während sich die Lage in der Ostukraine fast stündlich änderte, klammerte sich die EU an ihre Beschlüsse vom vergangenen Montag. Die Sprecherin der Außenbeauftragten Catherine Ashton wiederholte nur Altbekanntes. „Wir hoffen auf direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine“, so die Ashton-Vertraute. Das Treffen in Genf solle einen Dialog einleiten und zur Deeskalation beitragen. Auf die Frage, was passiert, wenn das Treffen scheitert, ging die EU-Sprecherin nicht ein. Frankreich hatte für diesen Fall einen EU-Sondergipfel angekündigt. Doch die EU-Kommission wiegelt ab.

Dabei nimmt sie auch Rücksicht auf Deutschland, das bei harten Sanktionen bremst. Weiterhin sei es Ziel der Bundesregierung, die Lage in der Ukraine „auf politischem Wege“ zu stabilisieren, sagte Vizeregierungssprecher Streiter. Deutschland gehört zu den Ländern, die vor Wirtschaftssanktionen warnen. Demgegenüber machen Frankreich, Großbritannien, Polen und die Balten Druck. Allerdings konnten sie sich in der EU bisher nicht durchsetzen. Daher hat sich die Front der Hardliner nun in die Nato verlagert.

Von dort kamen nun erstmals bedrohlich militaristische Töne: „Zu Lande, zu Wasser und in der Luft“ werde das Bündnis seine Präsenz in Osteuropa verstärken, kündigte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen an. Allerdings ließ Rasmussen offen, wie viele Truppen geschickt werden sollen – und wohin (die Ukraine ist kein Nato-Mitglied). Er sagte lediglich, es seien „genügend“. Bei Bedarf könnten noch mehr entsendet werden. Er betonte, die Maßnahme diene der „Abschreckung und Deeskalation“ angesichts des aggressiven Verhaltens Russlands. Deutschland beteiligt sich an der Verstärkung mit Kampfjets und einem Schiff. Der Tender „Elbe“ soll ab Ende Mai Minenräummanöver in der Ostsee leiten. Bis zu sechs „Eurofighter“ sollen sich ab September an der Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteiligen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Die Bundesregierung bescheinigte der Ukraine einen „verantwortungsbewussten“ Umgang mit der Krise. Es sei klar, dass Kiew „die gewaltsame Übernahme von Polizeistationen und anderer kritischer Infrastruktur durch bewaffnete Gewalttäter nicht unbegrenzt hinnehmen kann“, sagte Vizeregierungssprecher Streiter. ERIC BONSE