Durchs Raster gerutscht

14-Jähriger ist ein halbes Jahr lang nicht zur Schule gegangen. Behörden bis zu dieser Woche untätig

Gestern ist der Fall eines 14-jährigen Jungen bekannt geworden, der ein halbes Jahr lang nicht zur Schule gegangen ist, ohne dass das Maßnahmen der Schulbehörde oder des Jugendamtes nach sich gezogen hätte. Aus Behördenkreisen heißt es, der Junge gelte als „schwer integrierbar“. Eine entsprechende psychosoziale Betreuung erhielt er nicht, sondern lebte offenbar unbeschult bei seinem Vater in Altona.

Der heute 14-jährige Ricardo hatte noch bis März diesen Jahres bei seiner Mutter in Niendorf gelebt, wo er auch eine Gesamtschule besuchte. Allerdings kam es auch dort aus gesundheitlichen Gründen immer wieder zu längeren Fehlzeiten, sodass die Beschulung bereits unregelmäßig war. Im Frühjahr dann einigten sich die getrennt lebenden Eltern, dass Ricardo nach Altona zum Vater ziehen sollte. Er kam in dessen Wohnung – nicht aber auf eine Schule im neuen Bezirk.

Laut einer Sprecherin des Jugendamtes Eimsbüttel habe das formelle Gründe gehabt. Die Vollmacht, welche die Mutter dem Vater zum Schulwechsel des Jungen ausstellte, habe für eine Neuanmeldung in Altona nicht ausgereicht. Dass der Junge wegen solcher Formalitäten nicht beim Unterricht erschien, fanden die Behören offenbar nicht problematisch. „Wenn ein 14-Jähriger mal eine Zeit lang nicht zur Schule geht“, so die Sprecherin, „ist das keine akute Kindeswohlgefährdung.“

Um das Leben des Jungen wieder in geregelte Bahnen zu lenken, setzte das Familiengericht im September einen Vormund für ihn ein. Nun sah sich auch die Schulbehörde zum Handeln veranlasst. Diesen Mittwoch schickte sie Mitarbeiter des Amtes für soziale Dienste zur Wohnung des Vaters, um nach Ricardo zu sehen. Dass der Junge gar nicht in der Schule war, ist dem Amt ausgerechnet in den Herbstferien aufgefallen. EE