Jukebox

Das Königreich von Rest-Byzanz

Es ist die Stimme. Es ist dieser dramatisch tiefe, fast schon kehlige Gesangsstil, der seine Ursprünge in byzantinischer Kirchenmusik haben dürfte, aber natürlich von moderner Pop-Sensibilität geprägt ist. Es ist dieses ungebrochene Pathos, das meist in subtilen und streng gefassten Balladen-Arrangements daherkommt, das Charis Alexiou bis heute aus der Masse griechischer Sänger und Sängerinnen heraushebt.

Seit drei Dekaden beherrscht sie nun schon die griechische Musikszene und gilt noch immer als unbestrittene Königin des Laíko, jener Popmusik, die sich gerne bei traditionellen und orientalischen Rhythmen und Melodien bedient. Doch Charis Alexiou hat sich in ihrer Karriere stets offen für vielfältige Einflüsse gezeigt, hat mit Kollegen aus aller Welt zusammengearbeitet, auch auf Arabisch oder Französisch gesungen und ist in allen Kontinenten aufgetreten. Ihr erstes Solo-Album erschien 1975, seitdem hat sie Dutzende von Alben veröffentlicht, manche auch im Ausland. Doch in Deutschland ist ihr Name noch immer eine Art Geheimtipp.

Jaja, die Sprachbarriere. Erst jetzt ist, auf einem Kleinlabel, auch hierzulande ein Best-of-Album erschienen, das neben einigen ihrer größten Hits auch deutsche Übersetzungen ihrer Texte enthält. Nichtgriechen mag das melancholische Pathos ihrer Liebeslyrik oft eine Spur zu dick aufgetragen scheinen, aber in ihrem Land wird sie für die Poesie ihrer Chansons hoch gelobt.

Bezeichnenderweise klingt die Compilation wie aus einem Guss, obwohl die ausgewählten Balladen aus unterschiedlichen Epochen und aus unterschiedlicher Feder stammen. Auch ein paar Duette sind dabei, etwa mit Sezen Aksu aus der Türkei. Letztlich ist es ihre Interpretation, die zählt. Und am Ende wird sogar ein DDR-Hit wie „Als ich fortging“ von Dirk Michaelis anschlussfähig: Den singt sie auf Deutsch, aber es klingt wie Griechisch. DANIEL BAX