Berliner Geldhahn wieder dicht

AUSTAUSCH Das norddeutsche Tanztreffen wird fünf Jahre alt – und stirbt nach Plan. Das befristete Projekt, finanziert vom Kulturstaatsminister, hat die Szene vernetzt. Wie nachhaltig, muss sich nun zeigen

An den Bremer Oberschulen sind sogar Tanz-Leistungskurse entstanden

Mehr Hüftgold zu haben, wäre vermutlich angenehm. Doch Clebio Oliveira ist ein schlanker Bursche. Wenn er an seinen mageren Speckröllchen über die Bühne gezerrt wird, tut das bestimmt weh – Leiden um des Ausdrucks willen gehörte im Tanztheater schon immer zum gehobenen Handwerk. Oliveira tanzt bei der Berliner Compagnie von Toula Limnaios, die letzteres fraglos beherrscht.

„Wound“ ist eine der Produktionen des norddeutschen Tanztreffens, das derzeit in Bremen statt findet – zum neunten und letzten Mal. In Bremen entstand 2005 die Idee eines regionalen Vernetzungsfestivals, hier endet das Projekt nun, nachdem die Förderung durch den „Tanzplan Deutschland“ auslief. Mit 1,2 Millionen Euro aus dem Haushalt des Kulturstaatsministers ist das Tanztreffen zwar eines der kleineren Projekte des Tanzplans, die Bilanz ist nichtsdestotrotz beachtlich: Neun norddeutsche Tanztreffen hat man ausgerichtet, aus denen sich mit „Xtra Frei“ sogar noch ein weiteres, auf die freie Szene fokussiertes Festival-Format entwickelte. Dazu kommen 43 Schultanzprojekte – an Bremens Oberschulen entstanden sogar Leistungskurse „Tanz“.

Vernetzt werden sollen zum einen die städtischen Tanzcompagnies, die in der Regel viel zu selten vor einem auswärtigen Publikum auftreten können. Zum anderen ist die Öffnung zur freien Szene wichtig. „Positive Synergieffekte“ sieht Brigitte Marbs vom Kulturministerium in Schwerin, und die Bremer Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz lobt, der Netzwerk-Gedanke verdiene „eine Perspektive“.

Am Bremer Theater allerdings, dem Motor der Initiative, ist angesichts des bevorstehenden Intendantenwechsels noch völlig unklar, wer in welcher Form künftig für was für eine Art von Tanztheater zuständig sein wird. Immerhin wird es sicher nicht völlig auf der Strecke bleiben wie in Hildesheim, dessen zwischenzeitlich abgewickelte Tanzkompagnie ursprünglich ebenfalls zum Tanztreffen gehörte. „Seitdem ist das Hildesheimer Theater für uns tabu“, sagt Patricia Stöckemann, die Bremer Tanzdramaturgin. Aktiv dabei sind derzeit neben Bremen noch Braunschweig, Hannover, Kiel, Oldenburg, Bremerhaven, das „Ballett Vorpommern“ und Osnabrück. Dessen neue Tanz-Chefin Nanine Linning steht am Dienstag mit „Bacon“ auf der Bühne, einem Stück, das von der ausgeprägten Körperlichkeit der Bilder von Francis Bacon inspiriert wurde.

„Bacon“ ist gekennzeichnet durch fragmentarisierte Klänge, und während ein Trio im Hintergrund contactet, wird vorn ein Duo getanzt. Zumeist bleiben in dem Stück alle auf der Bühne – zumindest das ist auch den Compagnies des norddeutschen Tanztreffens dringend zu wünschen. HENNING BLEYL

„Bacon“: Dienstag, 19 Uhr, Bremer Schwankhalle