Beweise gammelten

Prozess gegen Fleischhändler Berger hat begonnen. Wurde er von den bayerischen Behörden beschützt?

MÜNCHEN taz ■ Einst war Karl Heinz Berger Deutschlands größter Wildfleischhändler, seit gestern steht er in Landshut vor Gericht. Dem Geschäftsführer des mittlerweile insolventen Betriebes „Berger-Wild“ werden gewerbsmäßiger Betrug und Verstöße gegen Lebensmittelvorschriften vorgeworfen.

Unter anderem soll Berger 96 Tonnen mit Hirschfleisch verschnittenen Elchgulasch geliefert haben. Empfänger der gestreckten Ware: Unter anderem Ikea. In anderen Fällen soll Berger die Haltbarkeitsdaten der Tiefkühlwaren verlängert haben, so habe er im Dezember 2005 bereits abgelaufene Rehrücken umetikettiert. Das neue Mindesthaltbarkeitsdatum: 1. November 2007.

Für Bergers Anwalt Hartmut Finger sind das unhaltbare Vorwürfe. Nach der Anklageverlesung forderte er gestern – vergeblich – die Einstellung des Verfahrens. Die ganze Angelegenheit sei von der bayerischen Staatsregierung „aufgepeitscht“ worden und inzwischen in eine „Hexenjagd“ ausgeartet.

Dabei hat Berger sowieso jahrelang Glück gehabt – oder vielleicht auch Protektion von Behörden genossen. Aufgeflogen war sein Treiben erst im Januar dieses Jahres – 18 Monate hatte das erste Beweismaterial aus dem Jahr 2004 bis dahin bei der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft vor sich hin gegammelt. In diesen E-Mails, die schließlich doch zu einer großangelegten Razzia führten, ist Unappetitliches dokumentiert. „Soll ich wirklich aus Wildenten Fasane machen?“, fragt jemand, woanders ist die Rede von delikaten Ratten. Bei der Durchsuchung am 16. Januar dieses Jahres waren dann selbst die Ermittler von den Produktionsmethoden angewidert: Messer, die mit Fasanendarm in Kontakt gekommen waren, wurden nicht zwischengereinigt. Das Waschbecken war außer Betrieb, Schimmel an Decken und Wänden, und die Türgriffe warten „mit Blut und Fett“ verschmiert.

Während vor der Wirtschaftskammer des Landshuter Landgerichts in erster Linie geklärt wird, ob Berger schuldig ist, kümmert sich parallel ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags um die Frage, wieso der Informationsfluss so träge lief, ob die Behörden verstrickt waren und wieso gar manche Lebensmittelkontrollen bei „Berger-Wild“ angekündigt waren. Denn Hinweise auf Unstimmigkeiten gab es genügend. Bereits im September 2004 hatte der stellvertretende Chef des Passauer Veterinäramtes Johannes Hölzl die Staatsanwaltschaft gewarnt, dass bei „Berger-Wild“ Umsatz an erster Stelle stünde. MAX HÄGLER