DGB braucht Kämpfer

Heute Großdemo gegen Große Koalition: Gewerkschaftsbund rechnet in Dortmund mit 30.000 Protestteilnehmern. Doch der DGB in NRW steht nicht geschlossen hinter dem Antiregierungskurs

VON MARTIN TEIGELER

50.000, 40.000 oder doch nur 30.000? Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist unsicher, wie viele Teilnehmer heute zur Großdemonstration nach Dortmund kommen. „Unser Vorsitzender erwartet 30.000 Menschen – ich bin da vorsichtig“, so eine Sprecherin von DGB-Landeschef Guntram Schneider gestern auf Anfrage. Die Kundgebung beginnt um 13 Uhr auf dem Dortmunder Friedensplatz. Unter dem Motto „Das geht besser. Aber nicht von allein!“ demonstriert der DGB heute auch in Berlin, München, Frankfurt und Stuttgart gegen die Politik der Großen Koalition im Bund.

Trotz schlechter Umfragewerte für die Berliner Regierungsparteien CDU/CSU und SPD ist die Mobilisierung der 1,7 Millionen Gewerkschaftsmitglieder in NRW im Vorfeld der Demo äußerst schleppend angelaufen. „Wir hatten Probleme, aber seit dieser Woche läuft es sehr gut“, so die DGB-Sprecherin. Als der Gewerkschaftsbund vor Monaten mit den Demoplanungen begonnen hatte, rechnete man bundesweit noch mit hundertausenden Teilnehmern. Doch in Dortmund musste die Demo mittlerweile vom Südwall auf den kleineren Friedensplatz verlegt werden.

„Wir haben im DGB-Bundesvorstand davor gewarnt, dass diese Demonstration nicht zur richtigen Zeit kommt“, sagt Rudolf Heim von der IG BCE (Bergbau, Chemie, Energie). Die drittgrößte Einzelgewerkschaft sorge sich um die „Außenwirkung“, falls nicht genug Menschen an den Protestumzügen teilnehmen. „Es wäre derzeit besser, mit der Regierung zu reden, statt zu demonstrieren“, so Heim. Das sei schon immer der Ansatz der IG BCE gewesen.

IG-Metall-Landeschef Detlef Wetzel hatte sich im taz-Interview unlängst ebenfalls zurückhaltend über das Großereignis geäußert. Der Protest sei zwar „wichtig, um unsere Position als Gewerkschaft gegen die Gesundheitsreform und andere unsoziale Pläne der großen Koalition deutlich zu machen“, sagte der nordrhein-westfälische Bezirksleiter. Aber verändern werde man damit allein wohl nichts. „Ich kann mich an kaum eine Demonstration erinnern, die ein konkretes Gesetzesvorhaben verändert hätte“, so Wetzel.

„Grundsätzlich schafft eine große Koalition eher ein Klima für außerparlamentarische Proteste, da im Bundestag eine große Oppositionspartei fehlt“, sagt der Politikwissenschaftler Thorsten Faas von der Universität Duisburg-Essen. Es bedürfe aber auch entsprechender Anlässe für solche Proteste, die Menschen mobilisieren. „Die scheinen derzeit noch zu fehlen, die Gesundheitsreform etwa ist dafür viel zu technisch-bürokratisch.“

Vertreter der schwarz-gelben Landesregierung halten sich von dem heutigen Aufmarsch fern. Auch die SPD geht nicht hin. Die NRW-Grünen rufen indes zur Teilnahme an der Demo gegen den „schwarz-roten Reformmurks“ auf. WASG und Linkspartei.PDS laufen ebenso mit.

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