… der Riesenjesus von Swiebodzin?
: Stehen

Es war einmal ein Dominikanermönchlein namens Tetzel, das predigte landauf, landab, die sündige Christenheit möge Bares spenden, auf dass die toten Seelen dem Fegefeuer entsprängen. Von dem Geld wollte der Papst eine große Kirche in Rom bauen, der Luther fand das theologisch nicht korrekt und machte eine Reformation. Die Kirche wurde trotzdem fertig und zieht heute Touristen aus aller Welt an. Nur über den Verbleib der toten Seelen fehlen verlässliche Hinweise.

Auch von den Fundraising-Techniken des Sylwester Zawadzki weiß man diesseits der Oder wenig, Fakt ist aber, dass sich der polnische Priester in Swiebodzin einen frommen Traum erfüllt hat: Mit den über lange Jahre eingeworbenen Spenden richtete er auf einem Acker am Stadtrand des früheren Schwiebus die größte Christus-Statue der Welt auf. Für kunstsinnige Menschen ist der 36-Meter-Koloss aus Stahlbeton und Polyester eher ein Albtraum, aber Zawadzki und seine zahlenden Schäfchen sind stolz darauf, die Vorbilder der Statue – den Corcovado-Christus von Rio de Janeiro und dessen vergrößerte Replik im bolivianischen Cochabamba – um mehrere Meter zu übertreffen. Am letzten Wochenende setzte ein Kran dem Standbild den mit einer goldenen Krone verzierten Kopf auf.

Weil die Polen jetzt den Größten haben, hoffen die örtlichen Honoratioren, dass dieser – siehe Rom – Touristen in großer Zahl nach Swiebodzin locke. Gut, der Vergleich mit der ewigen Stadt ist reichlich anmaßend, aber die Gläubigen wittern immerhin „ein zweites Tschenstochau“.

Berliner, die den katholischen Riesenfetisch mit eigenen Augen sehen wollen, müssen nur 170 Kilometer gen Warschau fahren, wahrscheinlich reichen auch schon 120, bei der Größe des Objekts. Alle anderen dürfen sich freuen, dass wenigstens dieser Kelch – welch passende Metapher – an ihrer gottlosen Stadt vorübergegangen ist. CLP Foto: ap