Sieg, Betrug und Flucht

BIRMA Juntanahe Partei reklamiert Wahlsieg, Oppositionsparteien erheben Vorwürfe

Es wird eine Offensive gegen bewaffnete Gruppen der Minderheiten befürchtet

AUS MAE SOT NICOLA GLASS

Die von der Militärjunta unterstützte Partei USDP hat sich am Dienstag wie erwartet zum Sieger der ersten Parlamentswahl seit 20 Jahren erklärt. Ein Parteisprecher reklamierte 80 Prozent der gewählten Abgeordneten für die USPD. Die Wahlen vom Sonntag ist von westlichen Regierungen als „nicht frei und nicht fair“ kritisiert worden. China dagegen lobte sie als „kritischen Schritt auf Birmas Weg zur Umsetzung eines siebenstufigen Plans zur Machtübergabe an eine gewählte Regierung“.

Am Dienstag sind die meisten Menschen, die seit Sonntag aus der östlichen Grenzstadt Myawaddy nach Thailand geflohen waren, zurück nach Birma gezogen. Offizielle Stellen in Thailand sprachen von 20.000 Menschen, die vor Kämpfen ins thailändische Mae Sot geflohen waren. Dort diente ein Fußballfeld unweit des Grenzübergangs vielen als Zufluchtsort.

Eine Gruppe erschöpft und ausgezehrt aussehender Frauen harrte dort gestern im Gras aus. „Wir wissen gar nicht, wie es zu der Gewalt kommen konnte, uns wurde nur gesagt, dass wir uns in Sicherheit bringen sollten“, berichteten sie der taz. Als sie dann am Grenzfluss waren, hörten sie schon Schüsse. Ein junger Mann hatte neben seiner Familie auch seine Nachbarn mit in das provisorische Camp gebracht: „Regierungstruppen haben in die Luft geschossen, dann brachen die Gefechte aus.“

In der birmesischen Grenzhandelsstadt Myawaddy war es am Montag zu heftigen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Mitgliedern einer Rebellenorganisation gekommen. Die Kämpfe flauten Berichten zufolge inzwischen wieder ab, nachdem die Rebellen zum großen Teil vertrieben worden waren.

Anlass der Kämpfe waren die Wahlen vom Sonntag. Eine Abspaltung der regimetreuen Rebellenorganisation Democratic Karen Buddhist Army (DKBA) hatte in Myawaddy gegen die Abstimmung protestiert und eine Post- und eine Polizeistation besetzt. Beobachter an der Grenze berichteten der taz, die Rebellen seien aufgetaucht, nachdem Regierungstruppen Wähler eingeschüchtert und bedroht hätten.

Der Urnengang war schon im Vorfeld heftig kritisiert worden. Zur Wahl durfte die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin und Friedesnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi nicht antreten. Deshalb boykottierte ihre Partei die Abstimmung und wurde darauf für aufgelöst erklärt. Nach Meinung von Kritikern diente die Wahl vor allem dazu, dem Regime einen legitimen Anstrich zu geben.

Die DKBA-Splittergruppe hingegen protestierte gegen die Forderung des Militärregimes, dass sich Rebellenorganisationen in den von Minderheiten bewohnten Gebieten vor den Wahlen in eine sogenannte Grenzschutztruppe hatten umwandeln und damit unter den Befehl der Junta stellen sollten. Das lehnen viele bewaffnete Minderheitengruppen ab. Darauf wurden die Wahlen in 3.400 Dörfern mit rund 1,5 Millionen Einwohnern abgesagt.

Der Urnengang war auch von massiven Betrugsvorwürfen begleitet. Jene Oppositionsparteien, die sich zur Teilnahme entschlossen hatten, wollen jetzt das Ergebnis nicht anerkennen. Doch werden sie nicht viel machen können.

Jetzt wird befürchtet, dass die Junta in einigen Minderheitengebieten Offensiven vorbereitet, mit denen sie Verweigerer unter den ethnischen Rebellen in die Knie zwingen will. Nach den Kämpfen in Myawaddy wird jetzt befürchtet, dass sich dies in anderen Grenzregionen wiederholen könnten. Fast zeitgleich zur Gewalt in Myawaddy wurden Gefechte von dem rund 160 Kilometer südlicher gelegenen Drei-Pagoden-Pass gemeldet. Von dort flohen bis zu 5.000 Menschen nach Thailand.