DIE ANTI-TERROR-GESETZE RICHTEN SICH ZU UNRECHT GEGEN EXTREMISTEN
: Terror als Türöffner

Der Terror öffnet dem Staat die Türen zu Räumen, die ihm bisher verschlossen waren. Dies ist zunächst nicht dem Staat anzulasten, der nun mal für die Abwehr von Gefahren zuständig ist. Gegen Selbstmordattentäter und Terroristen, die beliebige Menschenmengen angreifen, muss der Staat mit mehr Vorfeldüberwachung und besserem Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden reagieren.

Stets besteht allerdings die Gefahr, dass der neuartige Terror als Türöffner missbraucht wird, wie das Terrorismusbekämpfungs-Ergänzungsgesetz zeigt, das gestern im Bundestag beraten wurde. Es verlängert Befugnisse, die die Sicherheitsbehörden nach den Anschlägen von 2001 erhielten, und weitet sie nun doch über den ursprünglich engen Bereich hinaus aus. Was sich zunächst nur gegen Terroristen richtete, zielt jetzt auch auf Hassprediger und andere gewaltorientierte Extremisten.

Bei der nächsten Verlängerung, das kann man prognostizieren, werden wohl alle vermeintlichen Extremisten von den Regelungen erfasst. Schon deshalb ist es berechtigt und sinnvoll, neue Polizei- und Geheimdienstbefugnisse stets mit Vorsicht zu behandeln.

Im Falle des Ergänzungsgesetzes ist die Ausweitung freilich nicht allzu tragisch. Die Geheimdienste erhielten hier 2002 in nur relativ geringem Umfang neue Befugnisse. So dürfen sie Auskünfte bei Banken, der Post, Verkehrs- und Telekomunternehmen einholen. Die meisten Bundesbürger werden sich eher wundern, dass der Verfassungsschutz das bisher nicht durfte. Deshalb ist die Verlängerung und die Ausweitung auf weitere verdächtige Zielgruppen kein Grund zu großer Sorge.

Auch die geplante Anti-Terror-Datei, die gestern im Bundestag ebenfalls beraten wurde, führt den Terror im Namen. Hier nun werden die gewaltgeneigten Extremisten gleich von Anfang an erfasst. Das ist zwar ehrlicher in der Sache, aber nicht nahe liegend. Wenn neue Gefahren neue Befugnisse erfordern, dann sollten diese neuen Befugnisse auch auf die Bekämpfung der neuen Gefahren beschränkt bleiben. CHRISTIAN RATH