Seltsame Art des Kostensparens

SOZIALES Bäderbetriebe zahlen einer behinderten Mitarbeiterin einfach keinen Lohn – ohne Kündigung

Die Bäderbetriebe gehen mit kreativen Mitteln gegen eine behinderte Mitarbeiterin vor. Nadine Nitezki, Fachangestellte für Bäder und für die Schwimmaufsicht zuständig, kann in Folge einer Bandscheibenoperation keine ertrinkenden Menschen mehr aus dem Becken ziehen. „Sie haben die Zahlungen an Frau Nitezki eingestellt“, berichtet die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Ina Hagen. Und sie auch aus der Sozialversicherung abgemeldet. Und zwar ohne Kündigung.

Im Arbeitsrecht ist das nicht vorgesehen. Dort gibt es stattdessen die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer eine andere Stelle zu geben – wie es bisher auch üblich war, sagt Hagen. „Wir haben mehrere Kollegen, die das gleiche Problem haben. Die wurden dann einfach anders eingesetzt. Die Besonderheit ist diesmal, dass es eine Frau ist. Und mit der wird auf einmal anders umgegangen als mit den männlichen Kollegen. Sie tun so, als hätten sie keine gleichwertige Arbeit für sie.“ Dabei gäbe es durchaus solche Arbeit, sagt Hagen, etwa in der Technik oder nach einer Umschulung auch in der Verwaltung. Doch stattdessen haben die Bäderbetriebe Nitezki nur eine schlechter bezahlte Tätigkeit als Kassiererin angeboten. Laut Gesetz muss einer solchen Herabgruppierung entweder der Betriebsrat zustimmen – was der aber abgelehnt hat. Oder es muss die Einigungsstelle zustimmen – was die aber ebenfalls abgelehnt hat.

Die Einstellung der Zahlung ohne Kündigung hat Nitezki „als Druck und Erpressung empfunden“, sagte sie in einem Bericht der RBB-„Abendschau“. „Die wollen Kosten sparen und die Leute runterdrücken.“

Das Vorgehen der Bäderbetriebe ist natürlich illegal, aber davon bekommt Nitezki ihren Lohn und ihre Krankenversicherung auch nicht zurück. Stattdessen muss sie sich nun einen Anwalt nehmen und die Bäderbetriebe vor Gericht bringen, damit das Unternehmen sich an die Gesetze hält.

In einem Brief an die Abgeordneten des Sportausschusses hatte der Betriebsrat der Bäderbetriebe zuletzt von „Angst und Unsicherheit“ bei den Beschäftigten geschrieben, der neue Unternehmenschef Ole Bested Hensing werde laut und drohe regelmäßig mit Abmahnungen oder Kündigungen. Der Stellenplan werde nicht mit den Betroffenen diskutiert, Entscheidungen würden alternativlos durchgesetzt.

Die Bäderbetriebe ließen am Dienstag eine taz-Anfrage zu dem Thema unbeantwortet.

SEBASTIAN HEISER