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: BORIS R. ROSENKRANZ über einen aberwitzigen Arena-Bau in Siegen

Manfred Utsch hat einen Traum: Er träumt von Schweiß. Von dicken Tropfen, die über glutrote Fußballergesichter rollen. Und er, der Ehrenpräsident der Sportfreunde Siegen, sitzt direkt am Spielfeldrand, sieht jeden Tropfen ganz genau. Damit der Traum wahr wird, will Utsch ein Stadion in Siegen bauen. Pardon. Utsch will eine riesige Arena bauen. Mit Sitzplätzen unmittelbar am Rasen, mit VIP-Logen, „Skybar“, Diskothek, Kart-Bahn – und natürlich mit einem Hotel, in dem Rockstars absteigen können oder Thomas Gottschalk, wenn er „Wetten, dass...“ in der Arena Siegen moderiert. Daran glaubt zumindest der 70-jährige Utsch. Siegen ist übrigens eine 110.000-Einwohner-Stadt ganz tief in Südwestfalen. Die Sportfreunde spielen in der Regionalliga.

Architekt Jürgen Christ, der die 20.000 Besucher fassende Arena entworfen hat, ist überzeugt, dass sich das Projekt rentiert. Siegen liege ideal zwischen Köln, dem Ruhrgebiet und der Rhein-Main-Region. Zudem sei die Arena etwas, „was es in dieser Form in Deutschland noch nicht gibt“. In Amerika aber. Dort habe man sich inspirieren lassen für den Bau. Nun solle sie endlich entstehen, die „leuchtende Membran“, an die man sich erinnern werde. Und die viel Geld verschlingt: rund 70 Millionen Euro. Ehrenpräsident Utsch, der in der Entwicklung und Herstellung von Kfz-Kennzeichen tätig ist, will anschubfinanzieren. Bis der große Unbekannte ins Spiel kommt: ein britischer Investor.

Nach taz-Informationen ist das Geschäft so gut wie sicher. In drei bis vier Wochen, sagt Architekt Christ, werde man den Namen des Investors bekannt geben. Dann soll auch ein Gutachten vorgestellt werden, das den Arena-Bau befürwortet. Unsicher ist bisweilen allerdings der genaue Standort. Das Leimbachstadion, in dem die Sportfreunde derzeit spielen, steht am Stadtrand, wurde Ende der 50-er Jahre eröffnet und seither immer wieder renoviert. Rund vier Millionen Euro Steuergelder sind allein in den vergangenen acht Jahren dort investiert worden – für Flutlicht, neue Tribünen oder Brandschutz. Weshalb die Lokalzeitung verdutzt fragte: „Millionen-Investitionen – umsonst?“

Vielleicht. Denn eine Möglichkeit wäre, die Arena dort aus dem Boden zu stemmen, wo heute das Leimbachstadion steht. Kritik daran kann Utsch nicht verstehen. Er sagt: „Die paar Milliönchen spielen doch keine Rolle mehr, wenn die Arena kommt.“ Dann wird auch klar, weshalb Utsch den Investor geheim hält. Weder im Rathaus weiß man um dessen Identität, noch bei den Sportfreunden. „Wir müssen das geheim halten“, sagt Utsch, „sonst wird das zu sehr verrissen.“ Die Geschichte sei „hoch brisant“.

Verrissen wird Utschs Vorhaben in der Tat. Nicht nur wegen der verpulverten Steuermillionen. Konzerte in der neuen Arena, glaubt man in der Stadt, könnten künftig die Siegerlandhalle überflüssig machen. Dort finden bisweilen die meisten Veranstaltungen statt, dort sind Kongresse, dort ist auch ein großes Hotel. Und die Halle wird gerade renoviert. Aber geschenkt. Manfred Utsch hat eben einen Traum: Er träumt von Schweiß. Und von einer riesigen Erlebnis-Arena.