Blutspur durch die Staaten

„CSI: Miami“ (heute, 20.15 Uhr, RTL) trifft „CSI: New York“ (morgen, 20.15 Uhr, Vox) zu einer Crossover-Folge

Professionalität hat zwei Gesichter. Das von David Caruso, dessen zerknautschter irischer Dickschädel so aussieht, als hätte jede einzelne Filmleiche, die er in seinen vielen Ermittlerrollen gesehen hat, eine Furche durch sein Gesicht gezogen. Und das von Gary Sinise, dessen Konterfei in seinen Einsätzen als Regierungsbeamter oder Profiler noch in der größten Anspannung den Eindruck eines geschrubbten Kühlschranks vermittelt.

Caruso und Sinise – in Hauptrollen großer Hollywoodproduktionen war den beiden kein rechter Erfolg beschieden, erst das Fernsehen bescherte diesen beiden glanzvoll glanzlosen Professional-Darstellern ein optimales Einsatzgebiet: Knitterface Caruso ermittelt seit 2002 als Forensiker Horatio Caine bei „CSI: Miami“, Androidengesicht Sinise seit 2004 unter dem Namen Mac Taylor in New York.

Heute und morgen sind die beiden nun zusammen in einer Crossover-Folge zu sehen. Der Titel des auf RTL laufenden „CSI: Miami“-Teils lautet „Blutspur“, und die zieht sich eben von Florida hoch nach New York. Denn ein Serienkiller, der das Team in Miami zu einer Frauenleiche führen soll, bringt das Flugzeug über der Stadt zum Absturz und kann zurück nach Manhattan fliehen, wo er eine Gruppe reicher Jugendlicher während einer Drogenparty hinrichtet.

Die Doppelfolge ist eine gute Möglichkeit, die beiden unterschiedlichen Ausformungen von Professionalität in Augenschein zu nehmen: Hier die augengeränderte Getriebenheit des Miami-Cops, dort die aufgeräumte psychologische Präzision des New Yorker Kollegen. Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass Ermittler aus unterschiedlichen „CSI“-Revieren aufeinandertreffen. So wurde David Caruso bei seinem Start als TV-Tatortbesichtiger vor vier Jahren über die Las-Vegas-Ausgabe von „CSI“ eingeführt, der Mutter der Serie.

Neu indes ist der direkte Crossover zwischen RTL und Vox. Günstig ausgewirkt haben dürfte sich, dass RTL-Chefin Anke Schäferkordt früher bei Vox tätig war und dem Haus mit dem geschickten Einkauf prestigeträchtiger Serien ein klares Profil verlieh. Allerdings kündet der Brückenschlag auch von einer für Vox schwierigen Entwicklung – reißt sich die große Schwester aus der RTL-Group doch inzwischen Serienformate unter den Nagel, die von Vox kultiviert worden sind. Denn nachdem RTL inzwischen ebenfalls mit Krimis wie „Monk“ oder „Bones“ Spitzenquoten einfährt, entzieht man dem kleinen Haus der Sendefamilie nun ab November die Vegas-Dependance von „CSI“, jene Serie also, die entscheidend zur günstigen Entwicklung von Vox beigetragen hat.

Wer sich noch nicht totgesehen hat an all den Schnippler- und Laborrattenkrimis, kann sich trotzdem erst mal über die stimmige Programmierung der Crossover-Folge an zwei aufeinanderfolgenden Tagen freuen. Nur eines kann einem das Unterfangen ein bisschen verleiden: der revanchistische Unterton. So einigen sich die beiden Ermittler von „CSI: Miami“ und „CSI: New York“ darauf, den geschnappten Serienkiller in Florida aburteilen zu lassen, weil dort die Todesstrafe verhängt wird. Das klingt ein bisschen zu sehr nach biblischem Rachedurst. Über so was sind Profis gefälligst erhaben.

Christian Buss