LESERINNENBRIEFE
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Schlechte Verkehrspolitik

■ betr.: „City-Maut toppt Umweltzone“, Grafik Seite 2, taz v. 19. 4. 14

Bei der taz-Grafik zum Effekt von „Umweltzone“ und City-Maut auf Feinstaub und NO2 war recht offensichtlich die samtene Faust des Marktes am Werk: In ihr scheint die „marktwirtschaftliche“ Lösung (Maut) mindestens doppelt so gut wie die öde-altmodischen Fahreinschränkungen, und seien sie auch noch so „rigid“. Die Maut gibt „den Märkten“ (also Menschen mit ausreichender Zahlungsfähigkeit) auch gleich noch Platz zurück, um ohne Stau durch die Städte brettern zu können. Win-win!

Das funktioniert allerdings nur, weil offensichtlich viel wirksamere „dirigistische“ Maßnahmen, wie die auch aus vielen anderen Gründen wünschenswerte autofreie Stadt, im Vergleich erst gar nicht auftauchen. Nun, auf die Weise wurde schon Quatsch wie Privatisierung von Telekom, Müllabfuhr, Wasserversorgung, Unis und Reaktoraufsichtsbehörden durchgesetzt. Warum soll das nicht auch für schlechte Verkehrspolitik funktionieren?

MARKUS DEMLEITNER, Heidelberg

Vier Schritte zur Lösung

■ betr.: „SPD-Ministerpräsident fordert Vignette für alle“, taz vom 22. 4. 14

Albig beschreibt völlig richtig das Problem, nennt aber die Verursacher nicht: die Lkw. Der ständig steigende Lkw-Verkehr ruiniert unsere Straßen, nicht die Pkw, die auf für Lkw konzipierten Straßen gar keinen Schaden anzurichten vermögen. Verschweigt der SPD-Pragmatiker die Verursacher, um die Wirtschaft zu schonen?

Die Lösung wäre in vier Schritten einfach durchzuführen:

1. Schritt: deutliche Erhöhung der Lkw-Autobahn-Maut bei Sperrung der wichtigsten Ausweichstrecken für Lkw, wie heute schon teilweise praktiziert.

2. Schritt: Alle Bundesstraßen werden mit Maut-Mess-Brücken (MMB) versehen und alle Landstraßen-Ausweichstrecken parallel zum MMB-Auf- und -Ausbau zu 100 Prozent für Lkw gesperrt – Ausnahmen nur mit Einzelsondergenehmigung.

3. Schritt: Wenn die Investitionskosten eingespielt sind, werden die Lkw-Mautgebühren auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt, das jedoch angemessen höher liegt als heute.

4. Schritt: Völlig unabhängig von der Lkw-Lösung wird die Kfz-Steuer entsprechend dem Fortgang des MBB-Ausbaus verringert und eine maßvolle Pkw-Maut eingeführt. Der große Vorteil: Es würden diejenigen nicht oder weniger belastet, die unsere Straßen nicht oder weniger belasten, egal ob In- oder Ausländer, und die CSU gäbe endlich Ruhe. EBERHARD HIRSCHLER, Otterstadt

Konzept für Syrien

■ betr.: „Leichenbilder machen UNO sprachlos“, taz vom 17. 4. 14

Die Meldungen über Syrien verursachen stets blankes Entsetzen. Zulange dauert dieser Bürgerkrieg schon, und die Untätigkeit der Staatengemeinschaft, aber auch die der „Großankündiger“ USA, England und Frankreich macht sprachlos. Ich bedauere sehr, das es nicht zur Durchsetzung des Flugverbots für die Luftwaffe des syrischen Regimes gekommen ist.

Assad und seine Clique sind Verbrecher, und mit solchen Leuten sind Verhandlungen vergebliche Mühe. Das Regime hat nach neuesten Meldungen wahrscheinlich wieder Giftgas eingesetzt. Zigtausend Gefangene hat das Assad-Regime auf grausame Art umgebracht. Die unter Kontrolle der Rebellen befindlichen Dörfer und Städte werden ständig bombardiert. Die noch vor ca. einem Jahr möglich scheinende Niederlage des Regimes ist mangels Unterstützung der Freien Syrischen Armee durch den Westen nicht erreicht worden. Ein weiterer Grund war das Versäumnis der FSA, sich quasi als Oppositionsarmee unter ein Kommando zu stellen, noch bevor sich einsickernde radikale Rebellengruppen ausbreiten konnten.

Es kann nicht sein, das alle Welt auf die Ukraine schaut und die viel schlimmeren Gegebenheiten in Syrien und Zentralafrika nur ab und zu eine Meldung wert sind. Die UNO muss ein Konzept für Syrien erarbeiten. Der Iran muss gezwungen werden, die Versorgung und Wartung der syrischen Luftwaffe einzustellen.

CLEMENS LUDEWIG, Hamburg

Selbstverpflichtungen ohne Wert

■ betr.: „Bangladesch. Als stünde die Zeit still“, taz vom 22. 4. 14

Und wieder bin ich dafür dankbar, dass es die taz gibt.

In allen (?) Medien wird über den Jahrestag des Attentats auf den Boston-Marathon berichtet. So schlimm das auch war, weil es nicht „genügend“ Tote gab, werden die „schlimmen“ Verletzungen von weiteren 240 Menschen als Begründung benutzt, um das Infame des Anschlags wieder ins Gedächtnis zu rufen. Und natürlich die Prominenz der Sportler, die diesen Anschlag verurteilen. So weit, so gut.

Welchen Wert aber weit über 1.000 tote Näherinnen in Bangladesch haben, ist daraus zu ersehen, dass der Jahrestag dieser Katastrophe des Fabrikeinsturzes außer in der taz kaum Erwähnung findet, ohne die anderen Hunderte von Toten bei ähnlichen Unfällen im gleichen Jahr mitzuzählen.

Es geht anscheinend darum, die Ausbeutung von Menschen in der Textilbranche, so weit es geht, vergessen zu machen. Denn es könnte ja nachgefragt werden, wie es um die Entschädigung der Opfer und der Hinterbliebenen steht. Und es würde mal wieder erkennbar, was die sogenannten Selbstverpflichtungen der Industrie wert sind, nämlich nicht das Papier, auf das sie gedruckt sind.

ALBERT WAGNER, Bochum