Eine Ablaufverbesserung wird noch geprüft

Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen zwei Polizeibeamte wegen der Messer-Attacke auf Pfleger im Klinikum Ost. Die hatten dem Mann das Messer nicht abgenommen, mit dem er zuvor auf eine Ärztin eingestochen hatte

„Ich weiß jetzt, dass man sich auf niemand verlassen kann, auch nicht auf die Polizei“

Die beiden Krankenpfleger, die im April bei einer Messer-Attacke im Klinikum Ost schwer verletzt wurden, haben jetzt Strafanzeige gegen die Polizei gestellt. Diese hatte nach dem Vorfall eingeräumt, einen psychisch kranken Mann nicht ausreichend durchsucht zu haben und damit eine Mitschuld an den Angriffen auf die beiden Pfleger zu tragen. Die Bremer Staatsanwaltschaft bestätigte gestern, dass Ermittlungen gegen zwei Beamte aufgenommen worden seien. Den genauen Tatvorwurf konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Passade, nicht nennen.

Rückblende: Angeblich, weil er sich bei einem vorangegangenen Klinikaufenthalt nicht gut behandelt gefühlt hatte, dringt ein 27-jähriger Mann in die Klinik im Bremer Osten ein und sticht mit einem Messer auf eine Ärztin ein. Die zu Hilfe gerufene Polizei nimmt den psychisch Kranken daraufhin vorübergehend in Gewahrsam und bringt ihn anschließend zur Behandlung in die Klinik zurück. Dort zieht der Mann erneut ein Messer und greift zwei Krankenpfleger an. Die Erklärung des Polizeipräsidenten damals: „Das war eine Verkettung unglücklicher Umstände.“

Die Polizisten hätten sich darauf verlassen, dass der jeweils andere den Mann gründlich durchsucht hätte. Dies sei ein Fehler gewesen. Eine Entschuldigung wäre eine nette Geste gewesen, sagt Andre Müller, einer der beiden Verletzten. Zwölf Zentimeter tief sei der Stich gewesen, „der ging in die Leber“. Ein paar Zentimeter weiter und sein Leben wäre ernsthaft in Gefahr gewesen, hatten ihm die Ärzte gesagt. So lag er eine Woche im Krankenhaus und war danach ein Vierteljahr krank geschrieben. Seit kurzer Zeit arbeitet er wieder – anders als sein Kollege, der sich versetzen ließ, auch auf derselben Station. „Ich will mich damit auseinander setzen“, sagt der 30-Jährige, auch mit dem Raum, in dem er angegriffen wurde. Er erinnert sich an ein „Schlachtfest“, alles sei blutig gewesen.

Neben den körperlichen Beschwerden mache ihm das Erlebte auch psychisch zu schaffen. „Ich bin ängstlicher geworden“, sagt er. „Ich weiß jetzt, dass man sich auf niemand verlassen kann, auch nicht auf die Polizei.“ Müller wundert sich außerdem darüber, dass die Ermittlungsbehörden ihn zu den Vorwürfen gegen die Polizisten noch nicht als Zeugen gehört haben, die Anzeige habe er im immerhin schon im Juni gestellt.

Die Aussagen der beiden Pfleger seien durchaus relevant, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Allerdings sei noch nicht klar, ob sich der Sachverhalt auch ohne diese ermitteln ließe, so Passade. Er verwies auf das laufende Verfahren gegen den Messerstecher. Warum sich die Ermittlungen so lange hinziehen, konnte Passade gestern nicht erklären. Eine Verfahrensdauer von einem halben Jahr sei aber nicht ungewöhnlich.

Auch die internen Ermittlungen der Polizei sind nach Aussage eines Sprechers noch im Gange. „Wir prüfen noch, ob wir etwas an unseren Abläufen verbessern müssen“, sagte gestern Heiner Melloh.

Als erste Maßnahme sei im Polizeigewahrsam eine Schleuse installiert worden, mit der Waffen aufgespürt werden sollen. Ob ein Disziplinarverfahren eröffnet würde, hänge generell davon ab, ob es zu einem Prozess komme. Melloh verwies darauf, dass nicht alleine die Polizei für Durchsuchungen zuständig sei, sondern auch die Klinik.

Die Sprecherin der Bremer Kliniken, Helga Loest, bestätigte gestern, dass das Klinik-Personal Patienten durchsuche, wenn diese wegen Fremdgefährdung eingeliefert werden. „Das war vor dem Vorfall auch schon so.“ Wenn die Polizei dabei sei, würde man allerdings davon ausgehen, dass diese das schon gemacht hätte. Ob die verletzte Ärztin ihren Dienst wieder aufgenommen hat, wollte Loest gestern unter Berufung auf den Persönlichkeitsschutz nicht sagen.

Eiken Bruhn