Von wegen Sparen

SAMMLUNG FALCKENBERG Die Stadt Hamburg finanziert eine private Dauerleihgabe an die Deichtorhallen

Wenn sie können, werden Hamburgs Politiker immer den „Leuchtturm“ wählen. Den Event, das Prunkstück, die berühmte Sammlung – und nicht irgendwelche ollen traditionsbehafteten Museen.

So in etwa lässt sich die Merkwürdigkeit umschreiben, die sich derzeit in Hamburg ereignet: Da wird einerseits geradezu frenetisch bei den städtischen Museen gespart. Da wird das Altonaer Museum zur Schließung sturmreif geschossen, weil es, so der Kultursenator, ja so verstaubt sei. Und überhaupt sollen alle vier stadthistorischen Museen demnächst 3,5 Millionen Euro weniger bekommen – ein Viertel des Etats.

Andernorts hat man derweil durchaus großzügige Gaben eingefädelt. Für die Sammlung zeitgenössischer Kunst des Unternehmers Harald Falckenberg etwa, die rund 1.900 Arbeiten umfasst, angefangen bei Hanne Darboven und Martin Kippenberger bis hin zu Daniel Richter und Jonathan Meese, wobei der Schwerpunkt bei der grellen Macker-Kunst liegt.

Seit Jahren schon sucht der inzwischen 67-jährige Falckenberg, der die Kosten als Pensionär nicht mehr tragen will, einen Deal. Jetzt bekam er ihn: Ab 1. Januar 2011 soll die Sammlung – falls die Bürgerschaft zustimmt – für zunächst 15 Jahre als Leihgabe den Deichtorhallen angegliedert werden. Die 570.000 Euro, die das im Jahr zusätzlich kostet, trägt die Stadt.

Nun kann man sich fragen, warum das Geld so und nicht anders verteilt wird, und das haben die Politiker natürlich geahnt. Deshalb ersannen sie ein Gentlemen’s Agreement, und das geht so: Offiziell stammt das Geld gar nicht von der Kulturbehörde, sondern von der Senatskanzlei. Dass dies bloß ein Umtopfen innerhalb des angeblich so klammen Hamburger Haushalts ist – Schwamm drüber. Es habe halt nicht so aussehen sollen, als ob Falckenbergs Dauerleihgabe zu Lasten der Museen gehe, heißt es dazu in der Szene.

Das Unglückliche ist nur, dass es sehr wohl so aussieht. Und dass es die Akteure von Hoch- wie Subkultur bestätigt, die seit langem monieren, dass die Politik gern Großprojekte fördere, die auch international was hermachen, und weniger das Unauffällige, Experimentelle, Lokale – den berühmten „kulturellen Humus“ eben. Der bringt ja nicht so viele Touristen. Denn neben einem Kippenberger sieht ein stadthistorisches Museum natürlich enorm hausbacken aus.

PETRA SCHELLEN