Finanzabgabe: Regierung eiert herum

KRISE Eine Finanztransaktionssteuer ist technisch machbar und tut Riesteranlegern und Kleinsparern nicht weh, meint die Bundesregierung. Die Erkundung und Weiterentwicklung überlässt sie aber lieber anderen

BERLIN taz | Dass sie den Finanzsektor „angemessen an den Kosten der Finanzkrise“ beteiligen will, betont die Bundesregierung immer wieder. Unklar ist, wie das aussehen soll. Selbst die geplante Bankenabgabe, mit der die Finanzinstitute zumindest für eine neue Krise vorsorgen sollen, hängt derzeit fest: Letzte Woche empfahlen die Finanzminister der Länder, den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anzurufen. Und auch bei der Finanztransaktionssteuer hat sich nichts getan.

Dabei fällt es den Gegnern einer solchen Steuer immer schwerer, Argumente zu finden: In einer noch unveröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Carsten Sieling, die der taz vorliegt, heißt es, die „Belastungen für den kleinen Sparer“ dürften gering sein. Auch technisch sei es machbar, den Handel mit Finanzwerten und Devisen zu besteuern.

Selbst ein Steuersatz von nur 0,05 Prozent auf Finanztransaktionen würde Deutschland jährliche Einnahmen von 17 bis 37 Milliarden Euro einbringen, hat das Wiener Institut für Wirtschaftsforschung ausgerechnet. Schon allein deshalb liebäugelt die Koalition mit der Idee und wirbt gerne öffentlich dafür. An der Umsetzung arbeitet sie jedoch offenbar nicht. Auf die Frage, was sie mache, um die Steuer „zu erkunden und zu entwickeln“, wie die EU-Gipfelteilnehmer schon im Juni gefordert hatten, heißt es, in dem Beschluss komme „kein konkreter Arbeitsauftrag für die Bundesregierung zum Ausdruck“. Auch lehnt sie es ab, eine Expertenkommission einzuberufen, die sich um rechtliche Fragen oder verschiedene Steuermodelle kümmert. Man wolle dem „Ergebnis der Diskussionen“ auf europäischer Ebene nicht vorgreifen.

„Die größte europäische Volkswirtschaft hat jeglichen Gestaltungsanspruch bei der Regulierung der Finanzmärkte verloren“, kritisiert SPD-Finanzexperte Sieling. Dabei gebe es durchaus Möglichkeiten, den politischen Druck auch international zu erhöhen: „Zusammen mit der Opposition im Deutschen Bundestag könnte Schwarz-Gelb einen konditionierten Vorratsbeschluss zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf den Weg bringen. Das wäre ein starkes Signal.“ BEATE WILLMS