GREENPEACE SCHEITERT MIT SEINEM EINKAUFSNETZ
: Von der eigenen Klientel verlassen

Greenpeace stellt sein Einkaufsnetz ein. Schade, denn damit versuchten die Umweltschützer vor neun Jahren eine neue Politik. Dass es Greenpeace versteht, mit Krawall auf Missstände hinzuweisen, haben die Aktivisten oft genug bewiesen. Mit dem Einkaufsnetz, so die Idee, wollten die Regenbogenkrieger friedlich werden und als Verbraucherorganisation Politik übers Portemonnaie machen – also tropenholzfreie Möbel empfehlen, statt gegen Regenwaldzerstörung zu protestieren.

Diese Politik ist nun gescheitert: Zu wenige Konsumenten interessierten sich für die Einkaufsratgeber der Hamburger Zentrale. Nicht einmal zehn Prozent der mitgliederstärksten deutschen Umweltorganisation wollten wissen, welcher Fisch „gebraten“ die Weltmeere nicht zum Kollaps bringen wird. Ein ziemliches Desaster für die gesamte Umweltbewegung: Aufgeweckte Zeitgenossen sind gern bereit, für 10 Euro Monatsbeitrag ihre Verantwortung zu delegieren – solange sie nur weiter mit 180 über die Autobahn brettern dürfen.

Natürlich beißt sich hier die Schlange in den Schwanz: Selbstredend ist jeder für mehr Klimaschutz. Dafür etwas zu tun kommt dem Befragten deshalb aber längst noch nicht in den Sinn. Etwa den Stromanbieter zu wechseln; auch da hat Greenpeace ein eigenes – nicht sonderlich erfolgreiches – Ökolabel kreiert. Wozu soll Greenpeace also Braunkohlebagger rosa anstreichen – Achtung: Klimazerstörer –, wenn die Förderer gleichzeitig mit Braunkohlestrom per Onlinebanking die Greenpeace-Spende überweisen?

Vielleicht liegt es aber auch an Greenpeace selbst. „Ölverseuchung nach Hurrikan ‚Katrina‘ schlimmer als befürchtet“ – wer ständig schreiend durch die Welt läuft, dem wird möglicherweise die Kompetenz beim Einkauf von Kleidern abgesprochen. Schön wär’s, wenn diese These zuträfe. Dann nämlich gäbe es so etwa wie den mündigen Verbraucher, der der Biolandwirtschaft zum Durchbruch verhelfen wird. Leider steht zu befürchten, dass der mündige Verbraucher in etwa so real ist wie die Ölverseuchung nach „Katrina“: theoretisch denkbar und doch nicht existent. NICK REIMER