AMERICAN PIE
: Steigender Pegel

FUSSBALL Wie Don Garber versucht, aus der Major League Soccer ein konkurrenzfähiges Produkt zu machen

Vierundzwanzig Millionen Amerikaner haben das Finale der Fußball-WM zwischen Spanien und Holland gesehen. Das wurde als starke Quote gefeiert. In Deutschland schauten sich 25,11 Millionen Leute dasselbe Match im TV an. In den USA leben etwa 250 Millionen Menschen, in Deutschland 80 Millionen. Dieses kleine Zahlenspiel illustriert, wie gut oder schlecht es um den Fußball in den Staaten bestellt ist. Fakt ist: Die Ballschieber in New York oder Seattle müssen noch einiges an Boden gutmachen gegenüber den Kickern aus dem alten Europa.

Aber, da ist sich der Chef der Major League Soccer (MLS), Don Garber, 53, sicher, das wird schon alles werden. Die MLS sei im Kommen, verkündet er allerorten. Am Sonntag steht erst einmal das Finalspiel der Liga zwischen Dallas und Colorado an. Garber dürfte ein bisschen enttäuscht sein, dass es David Beckham und dessen Los Angeles Galaxy wegen der Halbfinalniederlage am Sonntag gegen Dallas (0:3) nicht ins Endspiel geschafft haben, denn Beckham ist noch immer das Gesicht und der gute Geist der MLS. „Wir wären heute nicht da, wo wir sind, wenn es David nicht gegeben hätte“, schwärmt Garber. Nichtsdestotrotz werde es künftig nur vorsichtig vorangehen für den US-Fußball, weiß der Commissioner: „Es wird keine Springflut geben, wir arbeiten vielmehr daran, dass der Wasserpegel stetig steigt.“ Garber kann immerhin als Erfolg verbuchen, dass die Liga langsam, aber stetig wächst: In der kommenden Saison steigen Teams aus Vancouver und Portland in den Spielbetrieb ein. 2012 kommt Montreal Impact als 19. Mitstreiter hinzu. Damit nicht genug, will Garber neben RB New York auch noch ein zweites Team aus Big Apple in die Liga holen. 2013 wäre ein geeigneter Zeitpunkt dafür, findet er. Liga-Verantwortliche sondieren derzeit mögliche Standorte. Man schaut sich in Queens um, in Long Island City und Flushing Meadows. Die Aufstockung der Liga wirft allerdings Probleme auf: Wie viele Spiele soll es während einer Saison künftig geben? Führt die Aufblähung nicht zur Überlastung der Spieler, denn neben den Begegnungen in der MLS kommen ja noch Spiele in der Concacaf Champions League, im US-Open-Cup und der SuperLiga hinzu?

In der kommenden Saison soll es statt 30 Spielen in der regulären Saison nun 34 geben. Damit wäre die MLS auf europäischem Niveau. Doch in anderen Belangen hinkt sie dem Treiben in Deutschland, Italien oder Spanien hinterher. San Jose, Washington, New England und Seattle haben noch immer keine eigenen Fußballstadien. Und Stars werden meist nicht in der MLS geformt, sondern eingekauft. Zum Beispiel Thierry Henry, der wie der Mexikaner Rafael Márquez auf seine alten Tage in New York anheuerte. Garber bedauerte auch außerordentlich, dass Raúl sich nicht für die MLS, sondern für Schalke 04 entschied.

Henry ist wie der Kolumbianer Juan Pablo Angel (New York) oder der Schwede Freddie Ljungberg (Seattle Sounders) ein sogenannter designated player. Diese Kicker erhalten eine Vergütung außerhalb des gedeckelten Gehaltssystems, der salary cap. Drei dieser Topspieler kann ein Klub verpflichten. Garber ermutigt die Bosse, auf dem europäischen Markt zuzuschlagen: „Wir brauchen Aufmerksamkeit, viel Aufmerksamkeit.“ MARKUS VÖLKER