Solarzellen werden billiger

Für den Bau von Photovoltaikanlagen wurde bislang das teure Silizium benötigt. Jetzt scheint auch die alternative Dünnschichttechnologie reif für die Serienproduktion

BERLIN taz ■ Der Markt für Sonnenenergie boomt. Seit Jahren verzeichnet die Branche jährlich einen Zuwachs von rund 35 Prozent. Inzwischen wird das in Solarzellen verwendete Silizium knapp. Silizium ist zwar das zweithäufigste Element der Erde. Allerdings ist die benötigte Reinform aufwändig und noch teuer, was die Suche nach Alternativen verstärkt.

Auch die Würth Solar hat geforscht und beginnt heute als weltweit erstes Unternehmen mit der Serienproduktion von Solarmodulen auf Basis von Kupfer, Indium und Selen. Das gleicht einer kleinen Revolution. Denn die sogenannte CIS-Dünnschichttechnik kommt ohne das teure Silizium aus. Klingt wenig spektakulär, aber tatsächlich stecken mehr als 30 Jahre Forschung dahinter.

Rund 54 Millionen Euro investierte der Elektronikkonzern in das Tochterunternehmen Würth Solar. 175 Mitarbeiter arbeiten in dem Unternehmen, das pro Jahr Solarmodule mit einer Gesamtkapazität von 15 Megawatt bauen will. Das entspricht dem Stromverbrauch von 3.500 Vier-Personen-Haushalten. „Wir erwarten einen Umsatz von 42 Millionen Euro für 2007“, sagt Regina Schmezer von der Würth Solar.

Michael Powalla vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) teilt die optimistische Einschätzung: „Die Module sind halb so teuer, da sie weniger Material benötigen.“ Die folienartigen CIS-Module sind 4 Mikrometer dick. Das entspricht der Dicke eines Haares und ist damit 100-mal so dünn wie die herkömmlichen Siliziumscheiben. Damit können die Module optisch verträglich in Gebäudefassaden integriert werden, sagt Powalla. Er rechnet mit einem Anteil der Dünnschichttechnik auf dem Solarmarkt von rund 20 Prozent ab 2010. Das entspricht einem Gigawatt oder Energie für 230.000 Haushalte.

Auch Hans-Werner Schock vom Hahn-Meitner-Institut bescheinigt der neuen Technologie Potenzial. Allerdings „muss der Wirkungsgrad der Module noch gesteigert werden“, sagt Schock. Damit ist die Ausbeute der Sonnenenergie gemeint, also wie viel der eingestrahlten Energie tatsächlich in Strom umgesetzt wird. Die Würth-Module haben einen Wirkungsgrad von 11,5 Prozent. Siliziumscheiben schaffen zwischen 12 und 17 Prozent.

Dünnschichtmodule sind nicht nur billig, sie haben noch weitere technische Vorteile – ihre Leistung ist zum Beispiel nicht so stark von der Temperatur abhängig, sagt Schmezer von der Würth Solar. Siliziumsolarzellen liefern bei Hitze weniger Strom, die Dünnschichttechnik habe diese Schwäche nicht. Sogar bei bewölktem Himmel hätte die neue Technologie ihre Stärken, weil sie empfindlicher für blaues Licht ist und deswegen ohne Sonne mehr Strom erzeuge als die Siliziumvariante.

Der Vorsprung der Würth Solar ist jedoch nicht groß. 72 Millionen Euro hat die Johanna Solar Technology in eine Fabrik in Brandenburg investiert und will Mitte 2007 mit 30 Megawatt jährlich ebenfalls in die Massenproduktion gehen. Und auch Sulfurcell Solartechnik und Schott Solar gehen 2007 mit der Dünnschichttechnik in Serienfertigung. Die Produzenten von Siliziumscheiben reagieren ebenfalls: Sie arbeiten an neuen Verfahren, bei denen weniger Silizium benötigt wird.

„Solarenergie wird erst in der Massenproduktion wettbewerbsfähig“, sagt Nikolaus Meyer, Gründer von Sulfurcell. Die CIS-Technologie und andere Methoden werden zunehmend leistungsfähiger und günstiger. Solarenergie sei zwar hoch subventioniert. Ohne diese Anschubhilfe wären Forschung und Anfangsinvestitionen jedoch nicht zu bewältigen, erklärt Meyer. Aber: „Wenn die Preise für fossile Energien weiterhin so stark steigen, wird Solarenergie 2020 eine Alternative sein – auch ohne Subventionen.“ MAIKE BRZOSKA