Grüne: Stuttgart 21 ist doch illegal

GUTACHTEN Das Land darf nicht für den Bau des Bahnhofs in Stuttgart und die neuen Trassen zahlen. Das sei verfassungswidrig, heißt es in einer Expertise der Grünen. Sie hoffen, das Projekt so finanziell zu stoppen

STUTTGART taz | Die Grünen zeigen erstmals eine konkrete Möglichkeit auf, wie sie nach der Landtagswahl gegen das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 vorgehen könnten. Ein von der Partei in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die derzeitige Mitfinanzierung durch das Land Baden-Württemberg „verfassungswidrig“ sei.

Es sei allein Aufgabe des Bundes, den Neubau des Bahnhofs und die Strecke nach Ulm zu finanzieren, heißt es in dem Gutachten. Das Land Baden-Württemberg bezahle aber etwa ein Drittel des Bahnhofsbaus und 950 Millionen Euro für die ICE-Trasse. Das verstoße gegen das Grundgesetz, sagt der Autor des Gutachtens, der Verfassungsrechtler Hans Meyer von der Humboldt-Universität Berlin.

Bund und Länder dürften ihre Aufgaben nicht wechselseitig kofinanzieren. Zwar sehe die Verfassung Ausnahmen vor, diese bezögen sich aber darauf, dass der Bund Länderaufgaben mitfinanziert, nicht umgekehrt. So soll verhindert werden, dass reiche Länder Entscheidungen des Bundes mit Geld beeinflussen. Auch dürfe die Landesregierung nicht damit argumentieren, den Verkehr in der Region stärken zu wollen. Denn mit diesem Argument könnte sich der Bund auch den Bau einer Autobahn mitfinanzieren lassen, sagt Meyer.

Klagen können die Grünen gegen die Mitfinanzierung allerdings nicht. Müssten sie auch gar nicht, meint Fraktionschef Winfried Kretschmann. „Spätestens wenn wir im März an die Regierung kommen, werden wir das nicht bezahlen und die Gelder zurückverlangen.“ Der Schwarze Peter läge dann beim Bund, der das bisher gezahlte Geld wieder nach Stuttgart überweisen müsste. Der Ausstieg aus der Mitfinanzierung wäre demnach zumindest eine Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass dem Projekt die Gelder ausgehen. Einen Stopp von Stuttgart 21 können auch die Grünen nicht versprechen. Landesverkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) wies das Gutachten als „verzweifelten Versuch“ zurück, „das Bahnprojekt in Misskredit zu bringen“.

NADINE MICHEL