Protest gegen Schöffen

ANKETTEN Ein Bundeswehr-Mitarbeiter ist Schöffe beim Berufungsverfahren gegen die Aktivistin Hanna Poddig, die mit einer Gleisblockade gegen Auslandseinsätze protestierte. Der Richter sieht kein Problem

„Deutlicher kann eine Befangenheit kaum sein“

Hanna Poddig, Anti-Kriegs-Aktivistin

Wenn am heutigen Mittwoch das Berufungsverfahren gegen die Vollzeitaktivistin Hanna Poddig weitergeht, sitzt ein Schöffe auf der Richterbank des Flensburger Landgerichts, den die Verteidigung für befangen hält. Poddigs Aktion richtete sich gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr, und der ehrenamtliche Richter ist von Beruf Beamter in der Fernmeldeausbildung – der Bundeswehr. Ein Befangenheitsantrag lehnte der Vorsitzende Richter ab.

Die Begründung lautet zusammengefasst: Es geht nur um die Einordnung, ob die Poddigs Aktion von Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht gedeckt war oder ob der Vorwurf der Störung des Bahnbetriebs und der Nötigung zutrifft. Gegen was sich der Protest richtete, spielt keine Rolle.

Die Aktivistin Hanna Poddig hatte sich im Februar 2008 an ein Bahngleis in Nordfriesland nahe eines Militärdepots angekettet. Im Juni 2010 entschied das Amtsgericht Husum, dass die Blockaden der Aktivistin den Tatbestand der Nötigung und Störung des Bahnbetriebes erfüllen. Es verurteilte Poddig zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro, was in ihrem Fall 120 Tagessätzen entspricht. Die Verteidigung ist in Berufung gegangen. Die wird ab morgen verhandelt.

„Es gibt genug andere Berufe in der Welt, die dazu unparteiischer sind als ein Mitarbeiter der Bundeswehr“, sagt Anwalt Dieter Magsam. Die Proteste hätten sich direkt gegen den Einsatz von Soldaten gerichtet. Poddig schreibt in einer Stellungnahme: „Deutlicher kann eine Befangenheit kaum sein.“ In einer Pressemitteilung zu der Aktion habe sie die Abschaffung der Bundeswehr gefordert. Nun solle ein Bundeswehrangehöriger darüber entscheiden, ob ihre Handlungen oder nicht vielmehr die Kriege der Bundeswehr verwerflich seien. „Das Ergebnis steht doch fest“, glaubt Poddig.

Sowohl Poddig als auch ihr Anwalt Magsam sind darauf vorbereitet, in Revision zu ziehen. Doch erstmal werden weiter Zeugen gehört. DKU