Dönertaschen für die Ostseeküste

Türkisches Fladenbrot aus dem Schanzenviertel wird nach ganz Norddeutschland geliefert. Mit neuen Vollkorn-Fladenbroten reagiert die Hamburger Bäckerei „Rodi-Brot“ auf das veränderte Essverhalten: Seine Stammkunden, sagt Geschäftsführer Salman Mazi, „achten mehr auf ihre Gesundheit“

VON NILS NABER

Auf dem Flachbildschirm bewegen sich stapelweise orangefarbene Brotkisten hin und her. Menschen mit weißen Hemden und Hosen huschen durch das Bild. Frische, beigefarbene Brotlaibe liegen auf einem Rollwagen. All das kann Salman Mazi von seinem Büro sehen. Sechs Kameras liefern ihm aktuelle Bilder aus allen Arbeitsbereichen seiner Bäckerei, von der Verladerampe bis zum Backofen haben sie alles im Blick. „Kontrolle ist besser“, sagt Mazi und lächelt. Er trägt einen weißen Kittel und sitzt in seinem kleinen Büro auf einem schwarzen Bürostuhl hinter seinem Schreibtisch.

Nebenan im Backraum ist es warm an diesem Vormittag. Es riecht nach knusprigem, frischem Brot. In der Ecke steht ein türkischer Teekessel aus silbernem Metall. Geselle Cetin Köse schiebt einen großen silbernen Kessel unter ein trichterförmiges Gerät. „Das ist unsere Mehlwaage“, sagt er in bestem „Glückstädter Dialekt“. Köse ist an der Unterelbe aufgewachsen. Mit seinen Kollegen spricht er allerdings Türkisch. Köse tippt auf einem Gerät verschiedene Tasten, auf einem Display erscheint in roten Ziffern „100“. Wenig später öffnet sich der Trichter, und 100 Kilo Mehl ergießen sich in den Kessel. Köse schiebt ihn unter einen großen Knethaken. Dann wirft er einige Schaufeln voll Salz und Backmittel auf das Mehl. Ein schwarzer Schlauch schießt anschließend Wasser hinein. Der Knethaken senkt sich langsam in den Kessel. Schmatzend beginnt er zu kneten. 20 Minuten lang dreht er sich.

Salman Mazis Bäckerei „Rodi-Brot“ beliefert seit zehn Jahren Kneipen, Gemüsehändler und Döner-Buden mit Fladenbrot – längst nicht mehr nur im Schanzenviertel. „Mittlerweile beliefern wir ganz Norddeutschland“, sagt er, steht auf und zeichnet mit seinem Finger das Liefergebiet auf die bunte Postleitzahlenkarte an der Wand. Es reicht von Hildesheim bis Eckernförde und von Bremen bis Ratzeburg.

Im Backraum steht der nächste Schritt zum Brot an. Köse schiebt den Kessel mit dem fertig gekneteten Teig neben eine große, eckige Maschine: den Teigabwieger. Mit seinem Kollegen Can Ali stopft er den Teig in den großen silbernen Stahl-Trichter auf der Maschine. Rhythmisch klackend spuckt sie runde beige Rohteigstücke aus. Ali legt sie nebeneinander auf Bretter, die er in einem Rollwagen stapelt. Dann kommt der Teig zu einem Kurzaufenthalt in den Gärraum.

„Mit sechs Leuten habe ich hier vor zehn Jahren im Schanzenviertel angefangen. In Spitzenzeiten im Sommer beschäftigte ich jetzt bis zu 20 Mitarbeiter“, sagt Mazi. Sie produzieren bis zu 12.000 Brotlaibe am Tag. An diesem Vormittag muss eine Sonderbestellung für einen Kunden an der Ostseeküste gebacken werden. „Wie beliefern bei Lübeck eine Döner-Bude, die während der Herbstferien ein paar Wochen offen hat.“

Ali Can hat inzwischen die Ausrollmaschine in den Backraum geschoben. „Wollen wir?“, sagt Köse und schaltet die Maschine an. Die Teiglinge werden auf dem Förderband durch eine Walze geschoben. Sie drückt die Teiglinge flach. Dann kommen sie wieder in den Gärraum.

Im Büro erzählt Mazi von seinen Plänen: Er möchte künftig mehr auf Vollkorn-Fladenbrot setzen. „Die Leute achten heute mehr auf ihre Gesundheit“, weiß er. Dazu hat er auch gleich ein Beispiel parat: „Mein kleiner Sohn will immer Schwarzbrot essen.“ Auch bei seinen Kunden aus der Türkei und dem Nahen Osten hat Mazi Veränderung der Essgewohnheiten beobachtet: „Durch den Kontakt mit den Westeuropäern hat sich bei uns die Esskultur verändert.“

Ali Can steht jetzt vor dem Backofen. Er zieht mit einem langen Brotschieber frische, braun-gelbe Fladenbrote aus dem vierstöckigen Steinbackofen. Köse stapelt die Brote zum Abkühlen auf einem Rollwagen.

Jetzt sind die Dönerbrote dran, „ungefähr zehn Minuten, bei 270 Grad“, erklärt Köse. Er drückt die Metallklappe am Ofen auf, schiebt die Bleche hinein und drückt auf einen grünen Knopf. Es beginnt zu zischen. „Das ist Dampf, den brauchen die Brote, damit sie später nicht aufplatzen“, sagt er.

An der Laderampe vor dem braunen Haus der Bäckerei hält gerade Ali Ünlütepe. Er springt aus seinem Lieferwagen. „Rodi-Brot“ steht in großen roten Buchstaben auf der Seitentür. Ünlütepe schiebt die Tür auf und zieht leere und halb volle Plastik-Brotkisten aus dem Wageninneren. „Dieses Restbrot geht an die Schweine“, sagt er.

Salman Mazi erzählt von seinen Plänen, eine Filiale zu errichten. Der harte Wettbewerb im Einzelhandel macht auch ihm zu schaffen. „Einige meiner wichtigsten Kunden sind türkische Obsthändler“, erzählt er. „Sie können dem Preisdruck der Discounter nicht standhalten und müssen schließen.“ Dafür geht der Dönerabsatz langsam wieder hoch. Mazi blickt auf den Bildschirm auf seinem Tisch. Er sieht zu, wie Cetin Köse die Bleche aus dem Ofen zieht. Das Dönerbrot ist fertig.