Zuwachs aus Kiel

Christian Zeitz kann die deutschen Handballer in den Platzierungsspielen des Worldcups nun doch unterstützen

BREMEN taz ■ Die Leistung der Handball-Nationalmannschaft, bekannte Heiner Brand hinterher, „war kurzfristig etwas schockierend“. Die 25:29-Niederlage am Donnerstag in Bremen gegen den EM-Dritten Dänemark, die noch schmeichelhaft ausgefallen war, löste dennoch keineswegs Depressionen aus beim Bundestrainer – auch wenn damit das Halbfinale des hochkarätig besetzten Worldcups verpasst worden war. Selbstredend war dem 54-jährigen Gummersbacher, da sich die starken Dänen in der Spielanlage überlegen zeigten, „nicht so zum Lachen zumute“. Auch monierte er, dass die „geistige Beweglichkeit, die Frische und auch der Kampfgeist gefehlt“ haben, eine Grundbedingung für den Erfolg: „Wir brauchen bedingungslosen Einsatz und Engagement, wenn wir gegen eine Spitzenmannschaft mithalten wollen.“ Angesichts der langen Verletztenliste aber „kann es doch nicht alarmierend sein, wenn wir hier gegen zwei Weltklassemannschaften verloren haben“.

Ähnlich gelassen reagierten auch die erfahrenen Spieler. Von einer „Erprobungsphase“ sprach Linksaußen Torsten Jansen (HSV Hamburg), es dauere eben ein paar Spiele, bis jeder den Rhythmus gefunden habe: „Nervös werden wir deswegen jetzt ganz bestimmt nicht.“ Rechtsaußen Florian Kehrmann (TBV Lemgo) fand die Niederlage „zwar lehrreich, aber wir müssen jetzt nicht den Kopf hängen lassen“. Der 29-Jährige, der mit 177 Länderspielen zu den erfahrensten Spielern zählt, erhofft sich jetzt „noch zwei Erfolgserlebnisse am Wochenende“. Heute findet der Worldcup seine Fortsetzung in Helsingborg, wenn Deutschland um 11 Uhr gegen Griechenland antritt. Für das letzte Spiel am Sonntag erhofft sich Brand ein Treffen mit Weltmeister Spanien: „Das wäre zum Abschluss ein schöner Test.“

Aufgehellt hatte sich die Stimmung hatte schon vor Anpfiff. Denn am Wochenende steht nun wieder Christian Zeitz zur Verfügung, der Mann mit dem brachialen Wurf aus dem rechten Rückraum. Der Linkshänder vom THW Kiel hatte zunächst abgesagt, da ihn schmerzhafte Hüftprobleme plagen. Doch nach einem unübersichtlichen Hin und Her war der operative Eingriff, der ursprünglich in dieser Woche vorgenommen werden sollte, abgeblasen worden. Sogar das WM-Aus hatte für den eigenwilligen 25-Jährigen gedroht. Nun aber freut sich Brand auf das kurzfristige Comeback des Spielers, dessen unorthodoxe Aktionen der Mannschaft spürbar fehlten in den ersten drei Partien. „Dass er kommt, ist gut für ihn und für uns“, sagte Brand. Gleichwohl betrachtet er Zeitz, der zu den jüngsten Mitgliedern der Europameisterschaftsmannschaft von 2004 zählte, keineswegs als Heilsbringer. „Ich erwarte jetzt nicht, dass er zehn Tore pro Spiel wirft.“ Aber die Abgezocktheit und Coolness, die Zeitz eigen ist, wird der Mannschaft sicherlich guttun.

So normal es ist, dass sich das Brand-Team erst finden muss in den nächsten Wochen, so ungewöhnlich waren die teils erheblichen organisatorischen Defizite bei den Spielen in Bremen und Hannover. In Bremen, das eine WM-Vorrundengruppe beherbergt, fiel am Dienstag zweimal die Zeitmessung aus. Man kann das lustig finden, dass der beste Spieler der Welt, der Kroate Ivano Balic, hinter dem Zeitnehmertisch hockt und seinen Kollegen die noch zu spielenden Sekunden zubrüllt. Aber bei einem Länderspiel sollte dies nicht vorkommen. Andere organisatorische WM-Generalproben konnten nicht durchgeführt werden, da die Materialien nicht rechtzeitig geliefert worden waren. Und die anwesenden dänischen Journalisten beklagten sich bitter darüber, dass ihnen der Weg in die Halle versperrt worden war, bis das Publikum hineingelassen wurde. „Eine solch schlechte Organisation haben wir noch nie erlebt“, sagte Ole Ravn von der BT. 85 Tage vor Beginn der WM hat jedenfalls nicht nur Brand noch viel Arbeit vor sich, sondern auch die Organisatoren vom Deutschen Handball-Bund. ERIK EGGERS