Rente mit 67 Tricks

BERICHT Heute kommt der erste Report zur Rente mit 67. Er zeigt: Ab 63 gibt es kaum noch Jobs. Politik lobt sich trotzdem. Vorstoß der Gewerkschaft abgelehnt

BERLIN taz | Der erste Report zur Rente mit 67 wird heute vom Bundeskabinett verabschiedet. Vorab war schon einiges aus dem sogenannten Rentenversicherungsbericht bekannt geworden: Die Beschäftigungsquote der 60- bis 64-Jährigen sei in den vergangenen Jahren angestiegen. Darüber freute sich gestern öffentlich auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Allerdings sinkt die Erwerbsquote ab 63 Jahren rapide ab. Experten kritisieren deshalb in der taz die „Ignoranz“ der Regierung. Der Bericht war im Gesetz zur Rente mit 67 vorgeschrieben worden und erscheint künftig alle vier Jahre.

Zum Bericht gibt es eine „Mittelfristprognose“. Demnach sollen die Renten in den kommenden Jahren um durchschnittlich rund 1,9 Prozent steigen. Insgesamt kämen so in den kommenden 15 Jahren 29 Prozent Rentensteigerung zusammen. Gleichzeitig steigen die Löhne dieser Prognose zufolge um jährlich bis zu 3 Prozent. Somit hinkt die Rente den Löhnen hinterher.

Von der Leyen wies gestern den Vorschlag von DGB-Chef Michael Sommer zurück, die Rentenbeiträge anzuheben, statt die Rente mit 67 einzuführen. „Wir haben drei Möglichkeiten, um dem demografischen Wandel zu begegnen“, sagte von der Leyen der Passauer Neuen Presse. Entweder würden die Renten drastisch gekürzt oder die Beiträge kräftig erhöht oder das Renteneintrittsalter werde um zwei Jahre erhöht. „Eine Beitragserhöhung bedeutet eine Belastung der jüngeren Generation, damit unsere Generation früher in den Ruhestand gehen kann. Das wäre ungerecht“, argumentierte die Ministerin.

Auch der Arbeitgeberverband DIHK wies die DGB-Forderung zurück. Die Rente mit 67 sei nötig, weil die Lebenserwartung steige. Zu einem späteren Renteneintrittsalter gehöre allerdings auch die Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten Älterer.

Unterstützung bekam DGB-Chef Sommer dagegen vom Vorsitzenden der Dienstleitungsgewerkschaft Ver.di, Frank Bsirske. Dieser sagte der Berliner Zeitung, die Rente mit 67 würde die Beitragssätze, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in die Rentenkasse einbezahlen, nach Berechnungen der Bundesregierung im Jahr 2030 um 0,5 Prozentpunkte senken. „Wir kennen keine Arbeitnehmer, die für diesen geringen Betrag bis 67 arbeiten wollen“, sagte Bsirske.

Der Vorsitzende der Linken, Klaus Ernst, kündigte einen Gesetzentwurf an, mit dem der Einführungsbeginn der Rente ab 67 um vier Jahre verschoben werden soll. Die Anhebung des Rentenalters könnte dann frühestens 2016 beginnen. Ernst forderte die CSU auf, diesen Vorstoß zu unterstützen. CSU-Vorsitzender Horst Seehofer hatte vor kurzem die Einführung der in der großen Koalition beschlossenen Rente mit 67 infrage gestellt: Eine Verlängerung sei nicht sinnvoll, wenn die Wirtschaft nicht endlich beginne, für die über 50-Jährigen die Beschäftigungschancen deutlich zu verbessern.

(mit dpa, dpad)

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