Hoffen auf den Geist

Die deutschen Handballer besiegen Serbien im Spiel um den fünften Platz beim Worldcup. Drei Monate vor Beginn der WM scheint der Abstand zu den besten Teams der Welt doch arg groß zu sein

AUS MALMÖ ERIK EGGERS

Schelmisch grinsend verließen die beiden deutschen Keeper das Spielfeld der Baltiska Hallen in Malmö, nach diesem versöhnlichen Abschluss. Henning Fritz (THW Kiel) und Johannes Bitter (SC Magdeburg) hatten das Tor schließlich förmlich verdichtet beim 27:22 (14:15)-Sieg gegen Serbien. Am Ende hielten sie gemeinsam 27 von 49 Würfen, ein Weltklassewert. „Ich hatte wieder ein gutes Gefühl und habe auch ein paar schwere Bälle gehalten“, freute sich Fritz. Nach dem dritten Sieg im fünften Spiel des Worldcups belegte die deutsche Handball-Nationalmannschaft, die am Samstag den WM-Sechsten Griechenland in Helsingborg mit 24:21 besiegt hatte, Platz fünf in dem hochkarätig besetzten Achtnationenturnier.

Beim Fazit, das der Bundestrainer 82 Tage vor der WM im eigenen Land zog, klang dennoch Ernüchterung durch. „Wir müssen einsehen, dass die Spitzennationen ein bisschen weg sind“, sagt der 54-jährige Gummersbacher „aber das ist keine Überraschung“. Damit meinte Brand vor allem Nationen wie Olympiasieger Kroatien, Europameister Frankreich und den spielstarken EM-Dritten aus Dänemark – doch selbst der WM-Vierte Tunesien, der überraschend des Finale des Worldcups erreichte, scheint der deutschen Mannschaft derzeit in Athletik und Spielfluss einiges vorauszuhaben.

In seiner abschließenden Analyse präzisierte Brand die derzeitigen Baustellen. „Im taktischen Repertoire sind andere Mannschaften nicht besser als wir“, urteilt der Bundestrainer. „Aber wir haben großen Nachholbedarf beim Tempogegenstoß, hier fehlt einfach noch das richtige Timing.“ Auf diese so genannten leichten Tore, wie sie im Handballjargon heißen, ist die Mannschaft freilich angewiesen, da das Positionsspiel zuletzt krankte: „Im Angriff fehlt uns in vielen Situationen noch die Geduld, da schließen wir oft zu schnell ab. Wir spielen manchmal auch einfach zu kompliziert.“

Die Gründe für die Ratlosigkeit, die der Angriff gegen große Gegner wie Kroatien (27:30) und Dänemark (25:29) teils bot, sind freilich zu erklären. Fehlte doch mit dem Kronauer Oleg Velyky, dem Lymphknoten entfernt werden mussten, einer der wenigen deutschen Aufbauspieler mit allerhöchstem Niveau. „Oleg ist einer der weltbesten Handballer“, hofft auch Rechtsaußen Florian Kehrmann auf die Qualitäten des eingebürgerten Ukrainers, der schon zum nächsten Lehrgang wieder dabei sein soll. Zudem stieß der individuell starke Christian Zeitz erst am Wochenende zur Mannschaft.

Die Abwehr, das einstige Prunkstück des deutschen Spiels, hat ebenfalls noch viel Feinabstimmung nötig. Da mit Frank von Behren (Flensburg) der Abwehrchef mit einem Kreuzbandriss ausfällt, muss Brand mit Sebastian Preiß (Lemgo) und Andrei Klimovets (Kronau) den Mittelblock neu einspielen. „Schon von der Optik her“ (Brand) ist Oliver Roggisch (SC Magdeburg) deshalb der wichtigste Mann in der defensiven Zentrale, weil er seine eher ruhigen Mitspieler ständig nach vorne peitscht. Grundsätzlich fordert Brand, dass die Defizite in der Verteidigung „durch mehr Beweglichkeit“ ausgeglichen werden müssen. Will heißen: Einsatz und Kampfkraft sollen die unterlegene Athletik wettmachen.

Auch Mannschaftskapitän Markus Baur wollte die Mankos nicht schönreden. „Wenn das Dänemark-Spiel die WM-Generalprobe gewesen wäre, dann hätten wir ein Problem“, sagte der 35-Jährige vom TBV Lemgo. Aber er betonte auch das Positive: „Diese Mannschaft kämpft und hat Geist.“

Genau diese Eigenschaften sind es, die auch denjenigen Gegnern, die derzeit überlegen sind, hohen Respekt einflößen. „Ein solches Turnier wie der Worldcup hat gar nichts zu bedeuten“, sagt der kroatische Olympiasieger Davor Dominikovic, „am Ende wird es sein wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft sein: Wenn das Turnier beginnt, sind die Deutschen da und spielen um den Titel mit.“ Der dänische Aufbauspieler Joachim Boldsen (Flensburg) traut dem Gastgeber trotz der gegenwärtigen Probleme ebenfalls viel zu: „Die werden mit voller Kraft die WM starten, dann sieht alles ganz anders aus.“