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: Manchmal Bock auf Heuernte

Das wäre doch nicht nötig gewesen: die erste Ausgabe des „Hamburger Abendblatt sonntags“

Wer schon immer einmal wissen wollte, wie es sich mit Sänger Patrick Nuo bei Herbstwind rund um die Alster spaziert, kommt bei der neuen Sonntagszeitung des Hamburger Abendblattes voll auf seine Kosten. Wer etwas über das politische Geschehen im Land erfahren möchte, eher nicht. Das mag daran liegen, dass auch politische Akteure am Samstag im Wochenende sind. Umso mehr stellt sich aber die Frage nach dem Sinn eines Sonntagsblattes, das nur Geschichten bringen kann, die am Tag darauf nicht weniger aktuell wären.

Der zuständige Verlagsgeschäftsführer aus dem Hause Springer, Florian Kranefuß, hat die Frage vorige Woche selbst beantwortet: Die Herausgabe der Sonntagszeitung sei eine „massive Abwehrmaßnahme“. Schließlich kommt am nächsten Sonntag auch die Boulevardzeitung Hamburger Morgenpost mit einer Sonntagsausgabe auf den Markt. Publizistische Argumente hat er bislang keine vorgetragen, und auch bei Lektüre der gestrigen Debütausgabe drängen sich diese nicht gerade auf: Zwar bringt das Abendblatt selbstverständlich auf dem Titel eine Exklusivgeschichte heraus. Die aber handelt von einem Beschwerdebericht unzufriedener Hochbahn-Kunden, der bereits seit Sommer vorliegt – und auch dem Abendblatt nicht erst seit Samstag bekannt ist. Ansonsten werden die Seiten vor allem mit Serien gefüllt: Besuche in Hamburger „Szenetreffs“, historische Geschichten und eben Spaziergänge mit (Semi-)Prominenten. Titel diese Woche: „Manchmal hab ich Bock auf Heuernte“.

Im Eifer der Blattmacher, der Mopo schon im Vorfeld den Markt steitig zu machen, hat Springer die Boulevardzeitung des britischen Finanzinvestors David Montgomery in jeglicher Hinsicht überholt: Die Springer-Sonntagszeitung wurde später geplant und kam doch früher heraus, hat ebenfalls ein handliches Tabloid-Format und wird auch noch billiger sein. Aber ob sie dadurch unverzichtbar wird? Chefredakteur Menso Heyl findet, ja. Er preist als besonderen Vorzug, dass die Sonntagsausgabe einen herausnehmbaren Sportteil hat. „Damit der häusliche Frieden am Frühstückstisch gesichert ist.“ Elke Spanner