KURZKRITIK: HENNING BLEYL ÜBER DAS THEATRIUM
: Pippi als Powerpuppe

Das Tolle am Theatrium ist die Mehrdimensionalität des Puppenspiels. Die Macher verstecken sich nicht, wie beim Modell Kasperle – sondern bleiben als Akteure präsent. Größen und Grenzen verschwimmen: Was ist lebendig, leblos oder „lediglich“ animiert? Die Puppen sind lebensgroß bis winzig, wie beim Stück über Marlene Dietrich, die in jedweder Erscheinungsform auftritt. So entsteht räumliche Spannung auf kleinem Platz, große Gefühlswelt im engen Geviert der Bühne: Illusion im besten Sinn.

Bei „Pippi Langstrumpf“, der Neuproduktion, verzichtet Birgit Neemann auf das Spiel mit den Dimensionen. Sie beschränkt sich auf den Einsatz von – wunderbar geschnitzten – Tischpuppen, bleibt also maßstabsgetreu in einer Ebene, wodurch ein klassischer Guckkasten-Effekt entsteht. Trotzdem ist ihre Lindgren-Version nie mau.

Dazu ist das Treiben in der von Regisseur Rainer Schicktanz gebauten Villa Kunterbunt zu munter, der Affe zu gut intoniert und die Persiflage des Polizisten, der Pippi verhaften will, zu gekonnt. Der Schluss ist schlicht: Tom und Annika reiten heim. Letztlich folgt Neemann damit der TV-Ästhetik: Schließlich kennt man seine Pippi als Serie, da muss nicht jedes Ende spektakulär sein. Zumal, wenn die Folge gut war. Im Theatrium ist sie es.