Besser, schöner, schlecht besucht

Beim Handball-World-Cup zeigte sich: Bremen ist keine Handball-Stadt. Das ist bitter, zumal auch die WM 2007 in Bremen ausgetragen wird und im frisch ausgebauten AWD-Dome richtig viel Platz wäre

Von Christian Görtzen

Wenn sie die Bilder vom „Sommermärchen“ Fußball-WM sehen, von lachenden, jubelnden Menschen, beginnen sie beim Deutschen Handball-Bund (DHB) zu träumen. Ein riesiges Fest soll die Handball-WM 2007 in Deutschland (19. Januar bis 4. Februar) werden, heißt es immer wieder. Natürlich nicht in solch gewaltigen Ausmaßen wie beim Fußball, dafür sind sie beim DHB dann doch zu realistisch, aber innerhalb der eigenen Sportart werde die WM 07, soviel scheint schon festzustehen, alle bisherigen Turniere in den Schatten stellen. Besser, schöner, perfekter – so lautet die Maxime.

In Bremen droht das Fest zu einem Fiasko zu werden. Von Handball-Begeisterung war während des World-Cups, einer Art Testlauf für die WM, rein gar nichts zu erkennen. Die Stimmung am ersten Spieltag war nicht einmal hanseatisch unterkühlt, sie war so frostig wie auf einem Kaffeekränzchen in der Antarktis. Knapp 2.500 Zuschauer verloren sich am Dienstag letzter Woche im Bremer AWD-Dome. Am Donnerstag waren es nicht viel mehr, gerade einmal 4.000. Die frühere Stadthalle hat nach der beinahe 50 Millionen Euro teuren Erweiterung vor zwei Jahren bei Handball-Spielen ein Fassungsvermögen von 9.200 Zuschauern. Verbunden mit dem Ausbau ist die Hoffnung, mehr Großveranstaltungen nach Bremen zu locken.

Begeistert war nur einer – und der wurde dafür auch noch bezahlt. Unentwegt bemühte sich der Hallensprecher darum, das Publikum zumindest ein bisschen in Stimmung zu versetzen. Mit seiner Hand schlug er im Takt auf das Mikrofon. Er hörte damit einfach nicht auf. Als sich einige Zuschauer erbarmten und klatschend in den Rhythmus einstiegen, sagte der Hallensprecher: „Ja, Bremen, das kommt richtig gut jetzt. Und weiter, weiter, weiter.“

In einen „Hexenkessel“ verwandelte er den AWD-Dome nicht mehr. Es blieb trostlos, und die Aussichten für Bremen sind, man mag das kaum glauben, noch schlechter. Wenn zu Spielen der deutschen Nationalmannschaft gerade einmal knapp 4.000 Zuschauer in die Halle kommen, wie soll das denn erst werden, wenn Ende Januar Tschechien auf Katar trifft? Oder, noch bedrohlicher, Ägypten auf Katar? Sind es dann nur 500 Zuschauer, oder gar nur 300? Die Betreiber des AWD-Domes hoffen genauso wie die Verantwortlichen des DHB darauf, dass zumindest Weltmeister Spanien den Zuschauerflop zu vermeiden hilft.

Der DHB hat aus marketingtechnischen Gründen ein Interesse daran, dass sich der Bundesliga-Handball in den großen Städten ansiedelt. In Hamburg ist das, bei allen Problemen, gelungen. Ein Bundesliga-Standort Bremen wäre im Sinne des DHB. Der Name Bremen hat einen anderen Klang als etwa Melsungen. Dummerweise aber steht es im Großraum Bremen mit der Handball-Begeisterung nicht zum Besten. Seit dem Bundesliga-Abstieg des TV Grambke vor 26 Jahren ist Bremen zum Brachland geworden. Der Zweitligist SG Achim/Baden ist der Hoffnungsträger für die Zukunft.

“Wir sind eindeutig nicht zufrieden mit den Zuschauerzahlen beim World Cup. Am ersten Tag war es eine Katastrophe. Ich habe keine Antwort darauf, warum, wieso und weshalb es dieses Mal schlechter gelaufen ist als vor einem Jahr“, sagt AWD-Dome-Chef Claus Kleyboldt, der auch im Werben um internationale Musikstars Probleme hat. Er könne nur Vermutungen darüber anstellen, warum das Interesse am World Cup so gering war. Vielleicht seien die Preise für die Eintrittskarten (25 bis 50 Euro für zwei Spiele) zu hoch gewesen, vielleicht sitze das Geld nicht mehr so locker oder vielleicht gingen die Leute lieber zu Werder Bremen.

Kleyboldt glaubt nicht, dass im Großraum Bremen das Handball-Publikum fehlt. „Bremen wäre ein idealer Standort für einen Bundesligaverein, das hat Grambke bewiesen.“ Bei der WM würde sich das wieder zeigen. Sechs Spiele werden in der Hansestadt ausgetragen. Mit 4.500 Zuschauern im Schnitt rechnet Kleyboldt. „Beim World Cup ging es um die ,goldene Ananas‘. Eine WM ist da etwas Anderes“, sagt Kleyboldt. „Aber sicherlich wird es in der Halle auch einige leere Plätze geben.“