Flucht in die Siegesgewissheit

Im Prozess gegen Millionenerben Alexander Falk, der seit fast zwei Jahren in Hamburg auf der Anklagebank sitzt, könnte heute eine Vorentscheidung fallen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug vor, Falk rechnet mit Freispruch

Zwei Jahre später sitzt Millionenerbe Alexander Falk immer noch auf der Anklagebank im Hamburger Landgericht. In dem Wirtschaftsstrafverfahren, das bereits im Dezember 2004 eröffnet wurde, könnte sich heute aber abzeichnen, ob Falk den Plenarsaal eines Tages als freier Mann oder verurteilter Straftäter verlassen wird: Das Gericht hat eine Erklärung in Aussicht gestellt, in der es den Stand der Beweisaufnahme aus seiner Sicht darstellen wird. Falk selbst rechnet siegesgewiss mit einem Freispruch. Für den Fall hat er eine Schadensersatzklage angekündigt, mit der er die Stadt Hamburg in den Ruin zu treiben gedenkt.

Der 37-Jährige hat sein Leben auf der Gewinnerseite verbracht, ehe er 2003 in den Verdacht geriet, ein Betrüger zu sein. Sein Vater, Erfinder der Falk-Stadtpläne, hat ihm ein Millionenvermögen vermacht. Mit dem Geld baute er seine Distefora-Holding auf, die Hightech-Firmen unter ihrem Dach vereinigte, seit 1999 auch die Ision-AG. Die veräußerte er Anfang 2003 zu 75 Prozent an das britische Unternehmen Energis, Kaufpreis: 812 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft unterstellt Falk und seinen fünf Geschäftspartnern, dass sie diesen Preis nur erzielen konnten, weil sie den Wert der Ision AG mit Scheingeschäften in die Höhe trieben. Besonders schwerer Betrug, nennt das die Anklage.

Das Landgericht sagt das nicht unbedingt. Der Vorsitzende Richter hat inzwischen den Hinweis gegeben, dass auch eine Verurteilung wegen nur versuchten Betruges infrage kommt. Denn unklar sei, ob der Energis tatsächlich ein Vermögensschaden entstanden ist – und ohne Schaden kein Betrug.

Für das Oberlandesgericht, die höhere Instanz, ist die Frage so unklar nicht. Wiederholt hat es die Entscheidung des Landgerichtes einkassiert, wegen eines abgemilderten Strafvorwurfs den Haftbefehl gegen Falk aufzuheben. Denn Falk, so das OLG, sei weiterhin „dringend tatverdächtig, die Straftaten begangen zu haben“. Ein Schaden der Energis sei durch Wirtschaftsprüfer und Bankinstitute zuverlässig und objektivierbar ermittelt worden, Höhe: 46,7 Millionen Euro. Im November 2004, als Falk in Untersuchungshaft saß, wurde ein Schriftstück abgefangen, indem er einen südafrikanischen Manager um Hilfe zur Fluchtvorbereitung bat. Ein Anreiz, sich ins Ausland abzusetzen, bestehe nach wie vor, so das OLG: „Falk hat im Falle einer nach wie vor ernsthaft in Betracht zu ziehenden Verurteilung mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen“.ELKE SPANNER