Rainer Gelhot, Internet-Seelsorger
: Der Unverdrossene

■ 34, ist Religionspädagoge und seit 2003 Internetseelsorger in der Internetkirche St. Bonifatius. Foto: Hermann Haarmann

Rainer Gelhot, katholischer Gemeindereferent in Osnabrück, ist kein Grübler. Ihm fällt das Abschalten leicht. Dabei hört er bei seiner Jugendarbeit von den Gemeindemitgliedern oft schlimme Geschichten. Viele davon drehen sich um Missbrauch und Erziehungsprobleme.

Vor einigen Jahren ist eine neue Aufgabe dazugekommen: Gelhot wurde Internet-Seelsorger. Derzeit betreut er die über www.funcity.de und über die Website des Bistums Osnabrück aufzurufende Internet-Seelsorge des Bistums Osnabrück. Als Internet-Kirche St. Bonifatius hat das Bistum sie 1998 eingerichtet. Kürzlich erhielt sie den Bonifatiuspreis.

Noch gebe es zwar wenig User – 25 bis 30 Erstkontakte pro Jahr, und recht anonym sei das Ganze auch, sagt Gelhot. Aber das schreckt ihn nicht. „Das Interessante an E-Mail- oder Chat-Kontakt ist, dass die üblichen Kommunikations-Parameter wegfallen“, sagt er. Mimik, Gestik, Tonfall – das alles falle weg. Da müsse man als Seelsorger viel Feingefühl haben, die User wiederum müssten präzise formulieren.

Und hier liegt die eigentliche Überraschung: „Internet-User sind wesentlich offener, als ich es im Gemeindeleben erlebe“, sagt Gelhot. „Anonymität schafft Nähe. User kommen schneller auf den Punkt, berichten offen von Missbrauch, Ehe- oder Erziehungsproblemen. Da braucht man in der Gemeinde oft Jahre, bevor man so etwas erfährt oder darüber spricht.“

Und wer weiß, vielleicht ist mancher User ein Mensch, den Gelhot täglich sieht. Genau dieser Kontrast sei es, der die Arbeit belastend mache: „Man geht durch die Straßen einer Kleinstadt wie Osnabrück und kann sich gar nicht vorstellen, dass es hier solche Dinge gibt. Und doch sind sie real.“

Der Anonymität entsprechend begrenzt sind seine Möglichkeiten zu helfen. „Ich gebe den Usern zunächst Tipps, um mit der Situation fertig zu werden. Wenn das nicht hilft, verweise ich an Beratungsstellen.“ Christliche Glaubensinhalte seien dabei nicht primär, sagt Gelhot. „Davon spreche ich nur, wenn jemand explizit danach fragt.“ Schließlich sei Seelsorge kein Exklusiv-Angebot für Christen. PS