Gute Ausländer dürfen bleiben

BLEIBERECHT Die Innenminister beschließen, gut integrierten Minderjährigen ein Extra-Aufenthaltsrecht zu geben – auch die Eltern können bleiben, bis die Kinder volljährig sind

„Es geht hier nicht um eine humanitäre Lösung, sondern um nationale Interessen“

BERLIN taz | Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien haben künftig gute Gründe erfolgreich zu sein. Sind sie gut integriert, winkt ihnen ein gesicherter Aufenthalt in Deutschland. Wer sich der Integration entziehe, betonte der Hamburger Innensenator Heino Vahldieck (CDU), müsse auch „entsprechend negativ sanktioniert werden können“. Gut integriert bedeute, dass die Jugendlichen die deutsche Sprache beherrschten und gute Schulleistungen vorwiesen. Vahldieck ist gegenwärtig Vorsitzender der Innenministerkonferenz, die am Freitag in Hamburg endete.

Mit ihrem Beschluss folgten die Innenminister der Bundesländer dem Vorschlag ihres niedersächsischen Kollegen Uwe Schünemann (CDU). Der hatte vor allem unter dem Aspekt des drohenden Fachkräftemangels für ein Bleiberecht geworben: „Wir brauchen die Jugendlichen in der Zukunft aufgrund der negativen demografischen Entwicklung“, sagte Schünemann. Der Beschluss ist ein Arbeitsauftrag an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) das Ausländerrecht zu ändern. Die Länderminister forderten zugleich, die Maßnahmen zur Integration zu verstärken.

In Deutschland leben 86.000 Menschen als geduldetet Flüchtlinge, zwei Drittel von ihnen sind länger als sechs Jahre hier. Sie können jederzeit abgeschoben werden, haben keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und wohnen zum Teil in Sammelunterkünften. Der Aufenthalt von Kindern ist zurzeit an den ihrer Eltern gekoppelt. Werden diese abgeschoben, müssen auch die Kinder der Schule in Deutschland den Rücken kehren.

Der Integrationserfolg von gut integrierten Jugendlichen soll sich, den Innenministern zufolge, auch für die Eltern auszahlen. Sie können bleiben, solange ihre Kinder minderjährig sind, und gewinnen damit Zeit, Arbeit zu finden. Die Innenminister hatten vor vier Jahren beschlossen, dass Flüchtlinge, die länger als acht Jahre im Lande leben, bleiben dürfen, sofern sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Die Frist läuft Ende 2011 aus.

Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl lobt den Beschluss der Innenminister verhalten. „Positiv ist, dass ein Bleiberecht für Jugendliche nicht mehr an einen Stichtag gebunden sein soll, sondern als Dauerlösung im Ausländerrecht“, meint Bernd Mesovic von Pro Asyl. Bisher seien Menschen abgeschoben worden, weil sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht in Deutschland aufgehalten hatten. Auch das Rückkehrrecht von Jugendlichen, die in Nacht-und-Nebelaktionen abgeschoben worden waren, habe sich seiner Ansicht nach verbessert.

„Aber wir kritisieren den Geist dieser Debatte. Es geht nicht um eine humanitäre Lösung, sondern um Deutschlands nationale Interessen“, sagte Mesovic. Doch nicht jedes Flüchtlingskind, das unter miserablen Bedingungen in einem Lager lebe, entwickle sich zum Hochqualifizierten. ANNA LEHMANN