LESERINNENBRIEFE
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Erschreckt zurückweichen

■ betr.: „Was tun?“, Pro und Contra zu Ukraine, taz vom 29. 4. 14

Ich hoffe, dass der Aufmacher-„Journalist“ Klaus-Helge Donath eine computergenerierte Kunstfigur ist, ebenso der dazugehörige Text: „Alle EU-Staaten sollten gemeinsam beschließen, den Verteidigungshaushalt um mindestens ein Drittel anzuheben, parallel zum Aufstocken konventioneller Streitkräfte und technologischer Innovationen.“ Dann ist das ein gelungener Geniestreich, Menschen wachzurütteln. Wenn nicht, gibt es diese Person also real, dann muss ich erschreckt zurückweichen, weil: GRU – SE – LIG.

RALF HILBERT, Berlin

Beide Seiten hören

■ betr.: „Was tun?, taz vom 29. 4. 14

Die Titelseite zum Thema Ukraine in Pro und Contra aufzuteilen, fand ich eine sehr gute Idee. Bei der offensichtlich undurchsichtigen Lage sollte man prinzipiell immer beide Seiten hören. Schockierend fand ich aber den Vorschlag von Klaus-Helge Donath (Pro): den Verteidigungshaushalt aller EU-Staaten um mindestens ein Drittel anzuheben und die Streitkräfte aufzustocken.

Wie viele Kriege müssen eigentlich noch geführt werden, bevor klar ist, dass damit nur Leid über die Menschen gebracht, aber kein Konflikt gelöst wird? Was soll eine Drohung, wenn man sie nicht wahr machen will?

Gerade die Medien als vierte Gewalt hätten hier die Aufgabe, die Frage zu stellen: Wem nützt eigentlich welche Vorgehensweise? Welche Interessen vertreten unsere Volksvertreter?

SUSANNE GLAUBITZ, Freiburg

So kann man Konflikte nicht lösen

■ betr.: „Was tun?“, taz vom 29. 4. 14

Mir geht diese Frontbildung in der Ukraine-Krise von Außenstehenden mächtig auf den Wecker. Warum meinen viele politisch links stehende Menschen, sie müssten sich auf die Seite Russlands schlagen? Aus alter Verbundenheit oder weil man pauschal meint, der Westen, also EU, Nato, Amerika oder was auch immer, können in diesem „Spiel“ nur die Bösen sein? Ist nicht einmal mehr ein Wertesystem aus nationalistischer Denke, Egoismus und reiner Gier nach Geschäften und Geld schuld an diesem Desaster? Ob Russland, die USA, die EU oder bei zukünftigen Konflikten auch China oder Indien: Es geht jedem nur um seinen Profit und die eigenen Interessen. Dass man so die Konflikte der globalisierten Welt nicht lösen kann, ist bisher nur in der Theorie erkannt, aber praktisch immer noch nicht verstanden und umgesetzt. MARKUS MEISTER, Kassel

Demokratie geht anders

■ betr.: „Geheimverhandlungen in Genf“, taz vom 28. 4. 14

Wollen wir wirklich immer weiter von den internationalen EU manipulierenden Industrieverbänden über den Tisch gezogen werden, hier bei unseren Rechten des geplanten Abkommens Trade in Services Agreement, Tisa? Hat es die EU-Kommission unter Herrn Barroso noch immer nicht begriffen? Schnell noch mal eben, bevor es die mündiger werdende Gesellschaft merkt und gerade vor Ablauf der Wahlperiode der EU-Parlamentarier, mit den üblichen TTIP-Verhandlern die Entrechtung der Bürger als Verbraucher vorantreiben und die Banalisierung der öffentlichen Hand organisieren? Wie lange dauert es schon, unser Trinkwasser in die gemeinsamen Hände der Städte und Gemeinden zurückzubekommen?

Es wird höchste Zeit, dass diese Kommission nicht eine dieser unsere Gesetzgeber fesselnden Verhandlungen zu Ende führt und die Kommissare und Geheimverhandler, die sich dabei beteiligen, in Schimpf und Schande aus Brüssel gejagt werden, ohne dann auch noch satte Provisionen und Ruhegehälter einzufahren – die sie vermutlich mithilfe des Drehtüreffekts hinterher von den Industrieverbänden eh wieder hereinbekommen …

Ich schäme mich als Europäer und Deutscher, viel im Ausland lebend und Politik vermittelnd, dieser Machenschaften, die man allenfalls in Bananenrepubliken vermuten könnte, nicht aber in entwickelten Demokratien erwartet, die angeblich sogar Grundrechte z. B. in der Ukraine verteidigen …

ERNST-FRIEDRICH HARMSEN, Berlin

Das Ende der Demokratie

■ betr.: „Geheimverhandlungen in Genf“, taz vom 28. 4. 14

Die Aufregung um Putins undemokratisches, despotisches Verhalten lohnt sich kaum, wenn man die Machenschaften sogenannter „freien“ Länder in Sachen TTIP und Tisa dagegenhält. Wenn sich diese Abkommen durchsetzen, dann ist das das Ende der Demokratie – und keiner regt sich ernsthaft darüber auf. Es ist unvorstellbar, dass sich Politiker nicht massiv dagegen einsetzen. Im Gegenteil, sie versuchen diese ungeheuren Freiheitsberaubungen als vorteilhaft für die Menschen zu verkaufen. Niemand kann so dumm sein, das ernsthaft zu glauben, und so bleibt nur der Schluss, dass die Konzern- und Industrielobby in vollem Umfang erfolgreich ist. Die Bestätigung dafür ist erkennbar, wenn man vergeblich auf die massive Kritik der Politik und der Medien wartet, wenn ein gewisser Peter J. Esser, Vertreter der deutschen Industrie, ungestraft in diesem Zusammenhang die Frage stellen darf „Was ist schon demokratisch?“ und darüber auch noch lacht. Die Vorgänge in der Ukraine sind Kindergartengezänk dagegen. FRITZ LOTHAR WINKELHOCH, Gummersbach