Nordkorea will wieder verhandeln

Die politische Führung in Pjöngjang stimmt der Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche über das Atomprogramm zu. Die Verhandlungen sollen noch in diesem Jahr beginnen. China setzt das Land offenbar wirtschaftlich unter Druck

AUS PEKING GEORG BLUME

Es gibt Bewegung an den kalten Fronten Nordostasiens. China, die USA und Nordkorea können plötzlich wieder miteinander reden. Erst vor zwei Wochen hatten Peking und Washington Sanktionen gegen Nordkorea im Weltsicherheitsrat durchgesetzt – als Antwort auf den ersten nordkoreanischen Atomtest am 9. Oktober. Schon erwarteten US-Generäle deshalb einen zweiten nordkoreanischen Atomtest, auf den wiederum schärfere Sanktionen folgen könnten. Doch nun sollen erst mal die Diplomaten ran.

Bereits gestern führten die Chefunterhändler Chinas, der USA und Nordkoreas in Peking „freimütige“ und „tiefgreifende“ Gespräche. Sie zeigten sich zum ersten Mal seit einem Jahr wieder verhandlungsbereit. Sie vereinbarten, noch im November oder Dezember eine neue Runde der so genannten Sechser-Gespräche einzuberufen, an der außerdem Südkorea, Japan und Russland teilnehmen. Ziel der Gespräche ist ein atomwaffenfreies Korea. Und daran wollen offenbar alle festhalten. In einer gemeinsame Erklärung ist von neuen Bemühungen die Rede, die Krise diplomatisch zu lösen.

Vor allem Peking dürfte froh über dieses Ergebnis sein. China hatte die Sechser-Gespräche vor drei Jahren erfunden, um Nordkorea von dem Bau einer Atombombe abzuhalten. Als dies nicht gelang, bedeutete das einen schweren Gesichtsverlust für die Pekinger Außenpolitik. Nun soll den Sechser-Gesprächen neues Leben eingehaucht werden, um die Schlappe zu reparieren.

Dabei gibt es Hinweise, dass Peking mit dem Stopp von Öllieferungen an Nordkorea seit Anfang September ernsthaften Druck auf Pjöngjang ausübt. Tatsächlich zeigt die neueste offizielle chinesische Handelsstatistik, dass China im September keinen Tropfen Öl an Nordkorea verkauft hat, obwohl es sonst 90 Prozent aller Ölimporte des Nachbarlandes liefert. Zwar ist bisher in Peking von einer so weitgehenden Maßnahme wie einem Ölboykott gegen Nordkorea offiziell keine Rede. Doch hatte China nach westlichen Expertenberichten vor zwei Jahren schon einmal Nordkorea heimlich den Ölhahn abgedreht, um das Land zum Sechser-Tisch zurückzubringen. Gut möglich also, dass Peking in den Wochen vor dem Atomtest erneut zu dieser Taktik gegriffen hat.

Zu welchem Kompromiss die Gespräche führen sollen, wird damit nicht klarer. Noch immer fordert Nordkorea von den USA die diplomatische Anerkennung und eine militärische Sicherheitsgarantie – erst dann will man atomar wieder abrüsten. Die USA aber verlangen Nordkoreas atomare Abrüstung, möglichst auch die Rückkehr der Atominspektoren der Wiener Atombehörde, bevor sie irgendeine Gegenleistung erbringen wollen. Schließlich habe Pjöngjang im Jahr 2003 einseitig den Atomwaffensperrvertrag gebrochen, behauptet Washington. Dabei ist unklar, ob der Atomtest Nordkoreas etwas Grundsätzliches an den Verhandlungspositionen Washingtons und Pjöngjangs verändert hat. Am ehesten hat er scheinbar Pekings Haltung verändert.