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: Starker Mann in schwacher Regierung

Avigdor Lieberman spricht aus, was Israels nationale Rechtsaußenfraktion nur denken mag. Arabische Abgeordnete, die Kontakte zur Hamas unterhalten oder die anstelle des israelischen Unabhängigkeitstages die „Naqba“ (arabisch: Katastrophe) begehen, den Beginn des palästinensischen Flüchtlingsproblems, sollten wegen Landesverrats vor Gericht gestellt und mit dem Tode bestraft werden. So sei es schon bei den Nürnberger Prozessen praktiziert worden. „Nicht nur die Nazi-Führung wurde hingerichtet, sondern auch die, die mir ihr kollaborierten.“ Diese Woche zog Lieberman ins Kabinett ein, wo er als „Minister für strategische Angelegenheiten“ das Land vor der iranischen Atombedrohung retten soll.

Ihn mit dem Österreicher Jörg Haider zu vergleichen, so schreibt der politische Analyst Akiva Eldar von der liberalen Tageszeitung Ha’aretz, „täte dem Österreicher Unrecht“. Zwar sei Haider „weit davon entfernt, ein gerechter Mann zu sein, doch selbst in seinen faschistischsten Tagen rief er niemals Österreich dazu auf, Staatsbürger loszuwerden, die seit Generationen im Land leben“. Lieberman plädiert für den sogenannten Transfer arabischer Israelis.

Der Kritik im Land zum Trotz befürworteten 61 der insgesamt 120 Abgeordneten Liebermans Einzug ins Kabinett. Einzig der Sozialdemokrat Ofir Pines-Pas Grund legte sein Amt als Kultur- und Wissenschaftsminister aus Protest nieder. Die restlichen Minister der Arbeitspartei finden sich ab mit dem neuen Mann an ihrer Seite, der kaum weiter von ihren Zielen weg sein könnte.

Lieberman kam 1958 in Moldawien zur Welt und immigrierte als knapp 20-Jähriger nach Israel, wo er im Anschluss an seinen Armeedienst Politologie studierte. Nach dem Fall der Mauer und der beginnenden Massenimmigration von Juden aus der früheren Sowjetunion war Lieberman bereits in den höchsten Reihen des Likud etabliert und wurde ab 1993 Generaldirektor der Partei. Der damalige Premierminister Benjamin Netanjahu machte ihn zum Generaldirektor seines Büros, bis Lieberman 1999 seine eigene Partei gründete.

Die „Israel Beitenu“ (Unser Haus Israel) wird überwiegend von Immigranten gewählt. Der Großteil des Wahlkampfes fand auf Russisch statt. Mit dem Slogan „Ein starker Mann für ein starkes Volk“ zog die Partei mit elf Mandaten in die Knesset.

Lieberman, der selbst in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland lebt, lehnt territoriale Kompromisse mit den Palästinensern strikt ab. Nach Schüssen aus Betlehem auf eine benachbarte Siedlung riet er, „so lange eine Häuserreihe nach der anderen abzureißen, bis die Angriffe aufhören“.

SUSANNE KNAUL