Der große Selbstdarsteller

Anders Fogh Rasmussen steht auf der höchsten Entwicklungsstufe aller Nato-Generalsekretäre. So jedenfalls porträtiert die neueste Titelseite des Nato-Online-Magazins Nato-Review den Dänen. Verantwortlicher Herausgeber des Magazins ist der Nato-Generalsekretär selbst. Deutlich inspiriert von Abbildungen, die die menschliche Evolution vom Affen über den Neandertaler zum Homo sapiens zeigen, schreitet Rasmussen unter der Überschrift „The long and winding road to 21st century security“ einigen ausgewählten Vorgängern – Lord Ismay, Lord Carrington und Javier Solana – voran.

Mit dem im August 2009 angetretenen Exministerpräsidenten, dem es an Selbstvertrauen noch nie fehlte, scheint tatsächlich ein anderer Wind im Nato-Hauptquartier zu wehen. Nicht für den bürokratischen Kleinkram fühlt sich Rasmussen zuständig, sondern für die große strategische Linie. Darüber schreibt der 57-Jährige auf Facebook, bloggt und twittert. Und auf einem zum Lissabon-Gipfel produzierten Video gibt er den Jogger und spricht in Trainingskleidung seinen derzeitigen Lieblingsslogan ins Mikro: Fett müsse abgeschnitten, Muskeln müssten aufgebaut werden. Nur so könne die Nato effektiver, engagierter und effizienter werden.

Bis jetzt scheint Rasmussen seine Aufgabe, der „Nato 3.0“ ein neues strategischen Konzept zu verpassen, zur Zufriedenheit der mächtigsten Verbündeten zu erledigen. Alles andere wäre auch verwunderlich, beherrschte er doch schon während seiner achtjährigen Amtszeit als dänischer Ministerpräsident das taktische Spiel in Perfektion. Es gab kaum eine Kurve, die er nicht genommen, oder eine Position, die er nicht geräumt hätte, wenn’s nur seinen Zielen diente. Karikaturisten zeichneten ihn gern als Höhlenmenschen mit schwungbereiter Keule über der Schulter.

Eine politische Karriere hatte dem Bauernsohn, der Wirtschaftswissenschaften studiert hat, kaum jemand zugetraut, als der Vater dreier Kinder 1998 den Parteivorsitz der rechtsliberalen Venstre übernahm. Seine „Militärerfahrung“ besteht laut eigenem Eingeständnis darin, dass er als Kind gern Räuber und Gendarm spielte. REINHARD WOLFF

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