Kiel kreißt über Kreise

Weil das Geld knapp ist, will Schleswig-Holstein die Verwaltung verschlanken. Wie genau, darüber sind sich die Koalitionspartner SPD und CDU uneins. Und so mancher Kreisfürst sträubt sich grundsätzlich gegen Reformen

Heiteres Zahlenspiel in Kiel: Aus elf plus vier mach fünf plus zwei. Oder fünf plus eins? Oder nur vier? „Wir wollen offen sein“, sagt SPD-Landesparteichef Claus Möller. Es geht um die Zahl der Landkreise und kreisfreien Städte. Zurzeit leistet sich Schleswig-Holstein elf Kreise und die vier eigenständigen Städte Flensburg, Neumünster, Lübeck und Kiel – 15 Verwaltungen der mittleren Ebene. Angesichts der Haushaltslage ein bisschen viel, fanden die Großkoalitionäre und einigten sich auf eine Reform.

Eine schwere Geburt, denn die CDU war mit dem Versprechen angetreten, die Grenzen unangetastet zu lassen. Jedoch war das zwischenzeitlich diskutierte Modell der so genannten kommunalen Verwaltungsregionen – eine Art virtuelle Verwaltung, die zwischen Kreise und Land geschaltet werden sollte – am Ende nicht mal mehr in der Union vermittelbar. Ein Schuldiger fand sich umso schneller: SPD-Innenminister Ralf Stegner habe die Sache „vermurkst“, sagt der Landesvorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU, Ingbert Liebing.

Auf Sonderparteitagen wollen sich CDU und SPD jetzt das Okay der Basis holen, dann soll ein Gesetz folgen. Bis 2010 sollen die neuen, größeren Verwaltungseinheiten stehen. Sie erhalten neue Aufgaben und entlasten dadurch die Landesverwaltung. Beide Parteien plädieren für freiwillige Zusammenschlüsse – aber am Ende steht die Zwangskooperation. Offen ist zurzeit, wie die Großkreise genau aussehen könnten. Die SPD setzt auf ein altes Konzept: Fünf Kreise plus Kiel und Lübeck – diese Idee war entwickelt worden, als potentielle Koalitionspartner noch Grüne und SSW hießen. Denkbar seien aber auch andere Modelle, sagte gestern der SPD-Vorsitzende Möller. Unklar blieb, wie viel Geld das Land damit sparen kann.

Anders die Grünen: Die haben vergangene Woche Zahlen vorgelegt. Ihr Modell, das Ämter mit rund 20.000 Menschen und vier Großkreise vorsieht, würde rund 140 Millionen Euro einsparen. Lob gab es dafür vom Steuerzahlerbund. Möller hält die Pläne der Grünen für schwer umsetzbar: Die Stadt Lübeck bestehe auf ihrer Freiheit, vermutet er. Obwohl es auch in der SPD reformkritische Stimmen gibt, rechnet Möller für den Parteitag am 11. November mit einer Mehrheit.

Schwieriger werden die Beratungen bei der CDU eine Woche später: Dithmarschen und Nordfriesland, beide mit einer CDU-Mehrheit im Kreistag, haben sich zu einer „Westküsten-Allianz“ gegen die Reform zusammengeschlossen, und die Kommunalpolitische Vereinigung mahnt, mehr über Inhalte als über Strukturen zu reden: Erst solle klar sein, welche Aufgaben die Kreise übernehmen sollten.

Die Entscheidung sei für die CDU weit schwieriger als für die SPD. Dennoch wagt er eine Vorhersage: „Beim CDU-Parteitag kommt der Beschluss für die Reform mit knapper Mehrheit durch – und Peter Harry Carstensen wird mit großer Mehrheit als Landesvorsitzender wiedergewählt.“ ESTHER GEISSLINGER