Das größte Myfest aller Zeiten

REKORD II Veranstalter sprechen von mehr als 40.000 Besuchern – Zugänge zum Fest werden geschlossen

Gefühlt war es so voll wie nie – wie viele Leute sich am Donnerstag allerdings genau auf dem Kreuzberger Myfest tummelten, lässt sich nur schätzen. Die Polizei berief sich auf die Angaben der Veranstalter, die von mehr als 40.000 Besuchern sprachen. Am Nachmittag fuhren die Züge an den U-Bahnhöfen Kottbusser Tor und Görlitzer Bahnhof vorübergehend ohne Halt durch. „Auf Veranlassung der Polizei wegen Überfüllung geschlossen“, rief ein BVG-Bediensteter einem grauhaarigen Herrn zu, der erbost am heruntergelassenen Gitter rüttelte.

Längst beschränkt sich die Riesenparty nicht mehr auf die Oranienstraße und Umgebung. Auch Skalitzer Straße sowie Görlitzer Park sind fester Bestandteil des Myfests geworden. Der Park ist nach dem Gewühle eine richtige Wohltat: Hunderte Menschen liegen entspannt auf dem Rasen, Kleinkünstler zeigen Akrobatik. Nicht nur Grillschwaden, auch würziger Cannabisgeruch liegt in der Luft. Die Dealer machen gute Geschäfte. Ab und an wandern Polizisten durch das Areal, werden aber nicht weiter beachtet. Sie zeigen ihrerseits auch nichts weiter als Präsenz.

„Sehen und gesehen werden“ – darum gehe es beim Kreuzberger 1. Mai, sagen zwei Frauen, die am Oranienplatz erschöpft auf der Bordsteinkante sitzen. „Wahrscheinlich gehören wir zu den wenigen Berlinern hier“. Trotzdem: „Die Idee des Myfest ist nach wie vor gut.“ Ins Leben gerufen worden war das Fest 2003 von Anwohnern, Gewerbetreibenden und Bezirksamt, um der Tradition der Randale etwas entgegen zu setzen.

19 Bühnen sind es diesmal, auf der Musiker bis Mitternacht spielen: Rock, Funk, House, Folk, türkische Folklore – überall wummert es. Wo keine Bühne ist, machen die Leute ihren eigenen Rave. Grills qualmen, Köfte und Steaks, Salate, Backwaren und Getränke finden reißenden Absatz. Verkaufen dürfen nur Leute aus dem Kiez. „Wir hatten noch nie so viele Stände“, freut sich Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne).

Jeder zweite hat einen mit Bier oder Cocktail gefüllten Becher in der Hand. Auch Flaschen sieht man viele, obwohl die hier schon lange verboten sind – sehr zur Freude der vielen Flaschensammler. Ein Bauarbeiter aus Spandau etwa: Zusammen mit seinen Eltern, einem Rentnerpaar, stapelt er das Leergut in Einkaufswagen. Für den Abtransport stehe ein Auto mit Anhänger bereit, verrät er. „Für 200 Euro lohnt sich das“. PLUTONIA PLARRE

Reportage vom Oranienplatz SEITE 22