„Weiter-so geht einfach nicht“

taz: Frau Wandel, wie sieht Norddeutschland in 50 Jahren aus?

Alexandra Wandel: Wir leben in einer überhitzten Welt. Wir werden mit dem Klimawandel kämpfen, und zwar weltweit. Die Polkappen schmelzen, die Meeresspiegel steigen. Und die globale Gesellschaft spaltet sich in arm und reich.

Womit rechnet Ihr Weltzukunftsrat: Werden Bremer, Hamburger oder Hannoveraner noch arbeiten und wohnen wie bisher?

Richtig wäre das nicht. Denn der ökologische Fußabdruck der Bürger ist einfach zu groß für den einen Planeten, den wir haben. Das heißt: Die Menschheit beutet die Erde rascher aus, als sie sich erholt. Wir leben über unsere Verhältnisse, um Kleider, Möbel oder Lebensmittel herzustellen. Das wollen wir ändern. Wie genau – darüber denken wir jetzt nach.

Die Warnungen sind alt. Warum sollte die Welt ausgerechnet auf Ihren grün-alternativen Think-Tank hören?

Wir sind das erste globale Zukunfts-Forum mit Fachleuten und Aktivisten aus aller Welt. Und wir sind mit rund 25.000 demokratisch gewählten nationalen Parlamentariern elektronisch vernetzt. Diese Art „E-Parlament“ wird mit uns zusammenarbeiten. Außerdem stehen wir im Kontakt zu 6.000 Nichtregierungsorganisationen.

Sie sind nur ein Debattierclub?

Geduld! Tatsächlich gab es bereits viele UN-Gipfel, die sich mit der ökologischen Verträglichkeit unseres Lebens beschäftigt haben. Daraus ist aber keine Bewegung entstanden. Der Mensch holzt unvermindert die Wälder ab, fischt die Meere leer, verdreckt die Umwelt. Er entzieht sich und der Tier- und Pflanzenwelt die Lebensgrundlagen. Wir werden der Politik genaue Handlungsempfehlungen geben.

Was muss sich als erstes ändern?

In den letzten vierzig Jahren hat der Mensch seinen Konsum stetig gesteigert. Besonders problematisch: Wir blasen den Klimakiller Kohlendioxid ungehemmt in die Luft. Das wird durch die Verbrennung von fossilen Treibstoffen verursacht. Das geht so nicht weiter. Wir brauchen eine radikale Energiewende und wir müssen unser Produktionssystem umbauen.

Heißt konkret?

Zum einen investieren wir weltweit in erneuerbare Energien. Zum anderen bemühen wir uns aber auch, Energie zu sparen. Unternehmen entwickeln zum Beispiel Computer, Fernseher oder Lampen, die nicht mehr so viel Strom fressen wie bisher. Wir nutzen Dinge länger. Derzeit sammeln wir noch viele Ideen. Im Mai 2007 werden wir im Hamburger Rathaus unser Zukunftsprogramm vorstellen.

Nehmen Sie sich einige Regionen besonders vor?

Die USA. Sie sind einer der größten Klimasünder.

Wann ist die Welt ideal?

Wenn Politiker und Manager nicht nur kurzfristig denken, etwa an die nächste Wahl und den schnellen Gewinn. Sie treffen ihre Entscheidung danach, was langfristig besser ist und den Nachkommen nicht schadet. Wir wollen etwas in den Köpfen verändern. Denn ein Weiter-So können wir uns einfach nicht leisten.

INTERVIEW: HANNA GERSMANN