Der Innensenator lächelt

1. MAI Frank Henkel und die Polizei zeigen sich zufrieden mit dem Verlauf von Walpurgisnacht und 1. Mai: Es gab lediglich 68 Festnahmen und 61 verletzte Polizisten. Die gute Bilanz sei kein Zufall, so der CDU-Innensenator

■ Den Berliner Protestforscher Dieter Rucht hat der Zulauf zur Revolutionären-1.-Mai-Demonstration völlig überrascht. „Ich glaube, es liegt an mehreren Faktoren“, sagte der Politologe am Freitag. Mehr als 20.000 Menschen waren am Donnerstagabend auf die Straße gegangen, etwa doppelt so viele wie im Vorjahr.

■ Zum einen trauen sich nach Einschätzung Ruchts mehr Menschen zur Demonstration. „Die Gewalt hat abgenommen in den letzten Jahren.“ Zum anderen seien mehr Partygänger und Schaulustige unterwegs, von denen sich einige in den Protestzug einreihten. Als dritten Grund vermutet der emeritierte Professor einen wachsenden Unmut über politische Verhältnisse. (dpa)

VON SVENJA BEDNARCZYK

Innensenator Frank Henkel (CDU) lächelt auf der Pressekonferenz im Roten Rathaus. Nicht gerade bescheiden präsentiert er am Freitag Zahlen rund um den Polizeieinsatz in der Walpurgisnacht und den 1.-Mai-Demonstrationen: „Erfolg ist kein Zufall“, sagt er – und lobt die Planung der Polizei. Tatsächlich sehen die Zahlen gut aus: Denn trotz der größten 18-Uhr-Demonstration überhaupt mit mehr als 20.000 Teilnehmern in Kreuzberg gab es weniger Vorfälle als vergangenes Jahr. Damals liefen rund 10.000 Demonstranten durch die leer gefegten Straßen von Mitte.

„Ich werde Menschen, die Steine auf meine Beamten werfen, nie verstehen“, sagt Henkel. Natürlich gab es ein paar Ausreißer – „Stein- und Flaschenwerfer, Kleinfeuer“. Doch Henkel und Polizeipräsident Klaus Kandt reden diese runter. 68 Demoteilnehmer wurden in den zwei Tagen festgenommen, 61 Polizisten verletzt. Die Staatsanwaltschaft habe keine Haftbefehle beantragt. Fünf Polizisten mussten ihren Dienst beenden, der Rest arbeitete mit Verletzung weiter.

Seit einigen Jahren setzt die Polizei nach eigener Einschätzung auf „Deeskalation“. Zur neuen Strategie gehört unter anderem eine große Präsenz, und das überall (s. unten). Dafür waren an beiden Tagen 6.400 Polizisten aus zehn Bundesländern und der Bundespolizei im Einsatz. Ursprünglich hätten es 7.000 sein sollen, doch wegen der abgesagten NPD-Demo in Neukölln wurden sechs Hundertschaften wieder abgemeldet.

Ebenso bemühe sich die Polizei um Kommunikation. Sie twittert unter dem Namen @PolizeiBerlin_E von den Demo-Einsätzen. Ziel sei eine „hohe Transparenz“, sagt Klaus Kandt, man erhalte dafür „hohen Zuspruch“. Jedoch nicht bei allen. Gegner reagieren mit dem Hashtag #WederFreundNochHelfer.

„Ich werde Menschen, die mit Steinen auf meine Beamten werfen, nie verstehen“

INNENSENATOR FRANK HENKEL

Zur Kommunikationsstrategie gehöre auch „das Gespräch mit den Demoteilnehmern“. Erst wenn die Gespräche scheitern, ziehe die Polizei mit ihrem „Zwangsmittelrepertoire“ auf, sagt Einsatzleiter Michael Krömer, der nicht nur die Einsätze in der Walpurgisnacht und bei der 18-Uhr-Demo leitete, sondern auch schon beim NPD-Aufmarsch am Samstag in Mitte. Zu diesem Repertoire gehören auch die drei Wasserwerfer, die sich am Donnerstag demonstrativ dem Demozug auf der Gneisenaustraße entgegenstellten, aber nicht eingesetzt wurden. Was passieren müsse, damit die Polizei die „Wawes“ benutzt, wollte Krömer nicht sagen.

Kleine Randale konnte die Polizei nicht verhindern, etwa einen Konflikt am Halleschen Tor am späten Donnerstagabend. Bahnsteige und Waggons der U 1 waren völlig überfüllt, der Zug fuhr nicht ab. Jemand zog die Notbremse, die BVG rief die Polizei. Als diese ankam, eskalierte die Lage, die Polizisten gingen mit Faustschlägen in die Menge, es wurde geschubst und gespuckt. Die Beamten reagierten mit Pfefferspray und Schlagstöcken. Ein Mensch wurde festgenommen.

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