Frau Özoguz, übernehmen Sie!

PAUSE BEIM HUNGERSTREIK

Ein Bleiberecht für die Aktivisten vom Oranienplatz wäre nur konsequent

Die Diskussion um die Zukunft der Flüchtlinge vom Oranienplatz ist endlich dort angekommen, wo sie hingehört: auf die Ebene der Bundespolitik. Nach eineinhalb Jahren Protest sind die Aktivisten jetzt im Gespräch mit einer Staatsministerin im Bundeskanzleramt – also ganz nah dran am Zentrum der Macht. Diesen Teilerfolg haben sie sich mit einem dreiwöchigen Hungerstreik teuer erkauft. Gut, dass sie ihn aussetzen, um Kraft zu tanken für die anstehenden Verhandlungen. Jetzt ist Aydan Özoguz am Zug: Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung muss beweisen, dass ihre Sorge um das Wohl der Flüchtlinge mehr ist als Phrasendrescherei.

Leider lässt das erste Positionspapier, das die SPD-Politikerin den Flüchtlingen in die Hand gedrückt hat, anderes befürchten. Der Verweis auf „ihre gesetzlichen Zuständigkeiten“ sowie den Unterschied zwischen „politischen Forderungen“ und „rechtlichen Möglichkeiten“ heißt nichts anderes als: Ich bin leider nicht zuständig!

Diese Ausrede hören die Flüchtlinge seit Monaten. Auch der Senat bleibt stur bei der Behauptung, mehr als eine „umfassende Einzelfallprüfung“ stehe nicht in seiner Macht. Dabei könnte er den Aktivisten durchaus ein kollektives Bleiberecht aus politischen oder humanitären Gründen geben – wenn er nur wollte. Allerdings müsste dieser Lösung Bundesinnenminister de Maizière (CDU) zustimmen. Sein Placet einzuholen ist nun Özoguz’ Aufgabe.

Argumente dafür hätte sie genug: Erstens ist wohl unstrittig, dass die Flüchtlinge vom Oranienplatz – zusammen mit Leidensgenossen in Hamburg, München und anderswo – eine gesellschaftliche Debatte über Asylpolitik mit angestoßen haben, die noch lange nicht beendet ist. Zweitens haben sich die Aktivisten genau damit in Gefahr gebracht. Ihre Proteste etwa gegen die Residenzpflicht waren ja selbst ein Verstoß dagegen. Genau das wurde ihnen dann zum Teil bei der Ablehnung ihrer Asylanträge vorgeworfen!

Ein Bleiberecht für die Aktivisten vom Oranienplatz wäre daher mitnichten eine Extrawurst für die, die am lautesten schreien – wie Innensenator Frank Henkel (CDU) sagt. Es wäre nur konsequent: Wenn wir das Recht der Flüchtlinge auf politisches Engagement ernst nehmen, können wir die Ausübung dieses Rechts nicht gegen sie verwenden. Das sollte sogar den Konservativen in Land und Bund einleuchten. Frau Özoguz, packen Sie’s an!SUSANNE MEMARNIA